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Erlass vom 27. Januar 1893 die Befugnis zur Führung der Nationalflagge mit einem besonderen Abzeichen, ähnlich dem der Reichsdienstflagge der Kaiserlichen Marine, beigelegt worden; als Legitimation dient ein vom Reichs-Marine-Amt ausgestellter Flaggenschein. Einzelnen Yachtklubs ist sogar die Führung der Kriegsflagge gestattet, so dem Royal Yacht Squadron in Cowes, dem Kaiserlich Königlich österreichischen Yachtklub, dem Regio-Yachtklub Italiano in Genua; andere führen die Kriegsflagge mit einem besonderen Abzeichen, so der Club d'Anvers die belgische Kriegsflagge mit den Buchstaben Y. C., ebenfalls der norwegische, der schwedische und der dänische Yachtklub die Kriegsflagge mit einem besonderen Abzeichen. Der Yacht Club de France führt einen weifsen Stern im blauen Felde der Flagge. II. Die Kriegsflagge.

Durch Präsidialverordnung vom 4. Juli 1867 ist an Stelle der preussischen Kriegsflagge für die Kriegsmarine des Norddeutschen Bundes diejenige Flagge eingeführt worden, welche auch seit Errichtung des Deutschen Reiches von den Schiffen der Kaiserlichen Marine (infolge Kabinetsorder vom 19. Dezember 1892 mit einer neuen Zeichnung des Adlers) geführt wird: die Reichskriegsflagge.1)

Aufser der Reichskriegsflagge führt regelmäfsig jedes in Dienst gestellte, von einem aktiven Seeoffizier befehligte Schiff im Grofstopp den Wimpel, sofern es nicht zur Führung eines anderen Kommandozeichens berechtigt ist.

III. Die Reichsdienstflagge.

Zum Gebrauch derjenigen Reichsbehörden, welche nicht die Reichskriegsflagge führen, dient die durch Kabinetsordre vom 8. November 1892 (R.-G.-BI. S. 1050) eingeführte Reichsdienstflagge, d. h. die schwarz-weifs-rote Nationalflagge mit einem die dienstliche Bestimmung und den Verwaltungszweig kenntlich machenden Abzeichen in der Mitte des weifsen Feldes. Deutsche Schiffe, welche, ohne im Eigentum des Reichs zu stehen, im Auftrage der Reichspostverwaltung die Post befördern, haben, solange sie die Post an Bord haben, neben der Nationalflagge der Kauffahrteischiffe als besonderes Abzeichen die Flagge des Reichspostressorts im Grofstopp zu setzen; auch sind sie berechtigt, diese Flagge als Gösch auf dem Bugspriet zu führen.")

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Unterscheidung der Seeschiffe.

I. Benennung und Bezeichnung.

Die Kontrolle des Seeschiffahrtsverkehrs und das Bedürfnis einer wechselseitigen Garantie für die Schiffahrttreibenden selbst ergibt die

1) Aufserdem sind zur Führung der Reichskriegsflagge berechtigt die im § 13 der Fl. u. S. O. bezeichneten Behörden, Anstalten, Personen, Schiffe und Boote. S. auch daselbst die Zulässigkeit des Setzens der Kriegsflagge als Unterscheidungszeichen.

2) S. im übrigen in Betreff der Reichsdienstflagge die Fl. u. S. O. nebst Anhängen, und PERELS, a. a. O., S. 27f.

Notwendigkeit von Unterscheidungsmerkmalen der einzelnen Schiffe. Die Sitte, jedem Seeschiff einen Namen zu geben, ist unvordenklichen Ursprungs, und es ist ferner Gebrauch und als eine zwingende Vorschrift in die neueren Seerechte übergegangen, dafs jedes zur Teilnahme am internationalen Seeverkehr bestimmte Kauffahrteischiff den Namen nicht allein führe, sondern dafs es ihn auch erkennbar zur Schau trage.')

Für Schiffe, die registriert werden müssen, mufs der Name vor der Registrierung gewählt werden, da er mit in das Register einzutragen ist. Wenn an sich die Wahl des Schiffsnamens einer Einschränkung nicht unterliegt, so darf doch der Zweck der Benennung nicht aufser Acht bleiben, und es kann deshalb nicht für zulässig erachtet werden, einem Schiff einen Namen beizulegen, den bereits ein Schiff ähnlichen Typs desselben Heimatshafens führt; denn es würde hierdurch die Möglichkeit der sofortigen äufserlichen Unterscheidung vereitelt werden. Eine solche Unterscheidung ist sehr wesentlich, z. B. wenn sich ein Schiff nach einem Zusammenstofse den für diesen Fall vorgesehenen Verpflichtungen zu entziehen sucht.

Namensänderungen sind nicht ohne weiteres zulässig; denn es können dadurch leicht Irrungen und Nachteile für Interessenten, die davon keine Kenntnis haben, entstehen. Nach deutschem Recht ist dazu die Genehmigung des Reichskanzlers erforderlich; in England bestand früher ein unbedingtes Verbot, jetzt ist die Änderung des Namens mit Genehmigung des Handelsamtes zulässig, in den Vereinigten Staaten von Nordamerika nur mit Genehmigung des Kongresses.

Die Gesetzgebungen der Seestaaten enthalten genaue Bestimmungen über die Anbringung des Namens an den Schiffen und Strafandrohungen für deren Nichtbeachtung. Der internationale Vertrag, betreffend die polizeiliche Regelung der Fischerei in der Nordsee, vom 6. Mai 1882 (R.-G.-Bl. 1884, S. 25 f.) enthält in den Artikeln 6 bis 11 eingehende Vorschriften über die äufsere Bezeichnung der Fischerfahrzeuge und der Fischereigeräte.

Nach einigen Gesetzgebungen soll auch das Vermessungsergebnis an einer sichtbaren Stelle des Schiffes angebracht werden (England, Frankreich, Rufsland).

II. Unterscheidungssignal.

Zur individuellen Unterscheidung der Seeschiffe dient ferner das Unterscheidungssignal. Dasselbe besteht aus vier Buchstaben, markiert durch Flaggen des Internationalen Signalbuchs. S. unten § 19, I.

Die Verteilung der Unterscheidungssignale regelt jeder Staat nach eigenem Ermessen. Die Regelung ist, ihrem Zwecke entsprechend, in der Weise erfolgt, dafs Schiffe derselben Flagge niemals dasselbe

1) Für deutsche Seeschiffe sind die bezüglichen Vorschriften enthalten in dem G., betr. das Flaggenrecht der Kauffahrteischiffe, vom 22. Juni 1899 (R.-G.-Bl. S. 319 f.), § 7 Ziffer 1, ferner in den §§ 13, 17, 21 und 25 Ziffer 4 und in der Bek. des Bundesrats vom 10. November 1899 (R.-C.-Bl. S. 380), § 6.

Unterscheidungssignal erhalten können. Schiffe verschiedener Nationalität können dagegen dasselbe Unterscheidungssignal führen. Ein Schiff muls also, um sich individuell zu erkennen zu geben, aufser dem Unterscheidungssignal seine Nationalflagge zeigen.

III. Abschnitt.

Kriegsschiffe.

§ 10.

Das Recht zum Halten einer Kriegsflotte.

1. Regel.

Das Recht eines Staates zur Haltung von Kriegsschiffen ist ein Ausflufs seiner Souveränetät, ebenso wie seine Befugnis, ein Landheer zu halten. Einschränkungen dieses Rechts können vorkommen bei Staaten, die nicht voll unabhängig sind, oder anderweit auf Grund eines besonderen Rechtstitels.

II. Einschränkungen.

Aus neuerer Zeit kommen folgende Einschränkungen in Betracht: 1. Durch den Vertrag von Turkmentschai zwischen Rufsland und Persien (1826) hat der Schah von Persien,,,um seiner besonderen Hochachtung für den Kaiser von Rufsland Ausdruck zu geben," diesem für ewige Zeiten das ausschliefsliche Recht eingeräumt, im Kaspischen Meere Kriegsfahrzeuge zu stationieren, sich selbst also dieses Rechts begeben.

2. Ungleich bedeutsamer waren die gegen Rufsland, nach dessen Mifserfolgen im Krimkriege, gerichteten Einschränkungen, hervorgegangen aus der Tendenz der Westmächte, die maritime Machtstellung Rufslands der Türkei gegenüber zu beseitigen. S. hierüber und über die Aufserkraftsetzung der für Rufsland demtitigenden Festsetzungen des Pariser Friedensvertrages von 1856 oben § 5 II. A.

3. Die Befugnisse des Khedivs von Ägypten bezüglich der Unterhaltung einer Kriegsmacht sind durch den Londoner Vertrag von 1840 und den Ferman von 1873 geregelt. In dem ersteren ist bestimmt, dafs Heer und Flotte Ägyptens als ein Teil der türkischen Kriegsmacht anzusehen sind; in letzterem wird, unter Aufrechterhaltung der Oberhoheit des Sultans, dem Khediven das Recht eingeräumt, alle Massregeln und Einrichtungen zum Schutze und zur Verteidigung des Landes zu treffen, und je nach dem Bedürfnis den Stand der Armee und der Flotte zu vermehren oder zu vermindern; jedoch wird zu dem Bau von Panzerschiffen die grofsherrliche Genehmigung vorbehalten. 1)

1) Tatsächlich befindet sich Ägypten heute militärisch in einem fast unbeschränkten Abhängigkeitsverhältnis von England, wenn auch die Oberhoheit der Pforte noch zu Recht besteht.

4. Durch Artikel 29 der Berliner Kongrefsakte vom 13. Juli 1878 wurde das Fürstentum Montenegro als ein unabhängiger Staat anerkannt; auch wurde ihm durch Zuteilung des Küstenbezirkes von Antivari die unmittelbare Verbindung mit dem Meere eröffnet, aber unter der Festsetzung, dafs der Staat weder Kriegsschiffe besitzen noch eine Kriegsflagge führen darf. Die See- und Sanitätspolizei in den montenegrinischen Küstengewässern wird von Österreich-Ungarn ausgeübt, welches auch der montenegrinischen Handelsflagge seinen Schutz gewährt; die dalmatinischen Seegesetze sind für Montenegro mafsgebend. § 11.

Begriff und Legitimation.

1. Begriff.

Die Frage, ob einem Schiffe die Eigenschaft als Kriegsschiff innewohnt, hat in einer Reihe von Fällen zu Schwierigkeiten geführt. Eine autoritative völkerrechtliche Bestimmung darüber, welche Fahrzeuge als Kriegsschiffe zu erachten sind, gibt es nicht. Auch in den Gesetzen der Seestaaten finden wir eine Begriffsbestimmung nur vereinzelt; 1) die folgende kann als Norm dienen: Als Kriegsschiff im Sinne des internationalen Rechts ist jedes zum Ressort einer Kriegsmarine gehörige, einem militärischen Befehlshaber unterstellte Schiff mit militärisch organisierter Besatzung anzusehen.

Die Bestimmung für militärische Zwecke ist nicht erforderlich, ebensowenig die Armierung. Die Rechtsstellung eines lediglich zu wissenschaftlichen Zwecken ausgerüsteten Fahrzeuges einer Kriegsmarine, bei welchem die obigen Voraussetzungen zutreffen, ist dieselbe wie die eines ausschliefslich der militärischen Aktion dienenden Schiffes.

II. Legitimation.

Äufserlich kennzeichnet sich die Eigenschaft als Kriegsschiff durch Flagge und Kommandozeichen.

a) Die Flagge ist, je nach der Gesetzgebung der einzelnen Staaten, entweder eine besondere Kriegsflagge oder die gemeinsame Flagge der Kriegs- und Handelsmarine.

b) Das Kommandozeichen ist das Zeichen der Befehlsführung durch einen dem aktiven Dienststande zugehörigen Seeoffizier. Als Zeichen der Kommandogewalt über ein einzelnes Schiff dient der Wimpel. 1) So in der niederländischen V. vom 27. Mai 1899 (Staatsblad No. 143), die im Art. 1 festsezt:

Als niederländische Kriegsfahrzeuge sollen angesehen werden

1. alle Reichs- und im Dienste des Reichs stehenden Privatfahrzeuge;
2. alle Fahrzeuge, die einer niederländischen Kolonialregierung gehören
oder in deren Dienst stehen,

sofern sie unter dem Kommando eines militärischen Befehlshabers stehen und ganz oder zum Teil militärisch bemannt sind.

Im Art. 2 werden sodann als äufsere Unterscheidungszeichen eines Kriegsschiffes bezeichnet: der Wimpel, die Kommandoflagge oder die Standarte.

Die ausnahmsweise Zulassung der Führung des Wimpels für Regierungsschiffe aufserhalb des Ressorts der Kriegsmarine, namentlich für solche, welche zum Erwerb durch die Seefahrt bestimmt sind, gibt diesen nicht den Charakter eines Kriegsschiffes.

Voraussetzung der Anerkennung eines Schiffes im internationalen Verkehr als eines Kriegsschiffes ist die Befehlsführung durch einen aktiven oder zum aktiven Dienste herangezogenen Seeoffizier. Die Besatzung mufs der bewaffneten Macht des Staates angehören, dessen Flagge das Schiff führt. Freiwillige, welche für die Dauer des Kriegszustandes zum Dienste in der Flotte angenommen sind, stehen den Mannschaften, deren Dienstverhältnis auf der Wehrpflicht beruht, gleich. S. hierüber § 34, IL.

Bei Zweifeln über den Charakter eines Schiffes dienen die Segelorder bezw. auch die Bestallung des Kommandanten als Beweismittel. Solche ordnungsmässig ausgestellte Urkunden schliefsen die Befugnis zu weiterer Beanstandung aus. Schon das Verlangen einer Behörde oder des Kommandanten eines Kriegsschiffes einem fremden Schiffe gegenüber, welches sich äufserlich als Kriegsschiff kennzeichnet, den Nachweis dieser Eigenschaft zn führen, ist nicht unbedenklich und kann leicht zu einem Konflikt führen.1)

III. Privatschiffe im Marinedienst.

Die Zugehörigkeit zur Kriegsflotte kann eine dauernde oder eine vorübergehende sein. Letztere liegt vor, wenn ein Privatschiff auf bestimmte oder unbestimmte Zeit sei es durch Ermietung (Charter), sei es durch zwangsweise Inanspruchnahme (Kriegsleistung)2) für militärische Zwecke - in das Verfügungsrecht der Kriegsmarine übergangen ist. Solche Schiffe werden, wenn sie unter einem Seeoffizier als Befehlshaber stehen und militärisch bemannt sind, im Sinne des internationalen Rechts den Kriegsschiffen gleicherachtet. Ein Schiff dagegen, welches zwar ausschliefslich für Marinezwecke, z. B. für einen Transport, gemietet ist, aber keine militärische Besatzung hat, trägt nicht eigentlich den Charakter eines Kriegsschiffes, und zwar auch dann

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1) ORTOLAN (I. § 181) bemerkt in dieser Hinsicht: Les preuves de la nationalité et du caractère d'un bâtiment de guerre sont dans le pavillon et dans la flamme qu'il fait battre à sa corne et au haut de ses mâts; dans l'attestation de son commandant, donnée au besoin sur sa parole d'honneur; dans la commission de ce commandant et dans les ordres qu'il a reçus de son souverain.“ PHILLIMORE (I. § 350) erklärt: It is important to observe, that if any question arise as to the nationality of a ship of war, the commission is held to supply adequate proof"; und ferner STORY (das.): In general a commission of a public ship, signed by the proper authorities of the nation to which she belongs, is complete proof of her national character the commission, therefore, of a public ship when duty authenticated, so far at least as foreign courts are concerned, imports absolute verity, and the title is not examinable. this has been the settled pratice between nations and it is a rule founded in public convenience and policy and cannot be broken in upon, without endangering the peace and repose, as well of neutral as of belligerent sovereigns."

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2) Für das Deutsche Reich s. § 23 des Gesetzes über die Kriegsleistungen vom 13. Juni 1873 (R.-G.-Bl. S. 129 f.).

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