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4. Auch sind die Naturerzeugnisse jenes Teiles von Besitzungen, welcher durch den Zug der Grenze von den Wohn- oder Wirtschaftsgebäuden getrennt ist, beim Transporte in diese Wohn- und Wirtschaftsgebäude von Eingangs- und Ausgangszöllen befreit.

5. Die unter 1, 2, 3 und 4 zugestandenen Begünstigungen sind jedoch auf die Bewohner und Erzeugnisse einer Zone längs der Grenze beschränkt, welche in Österreich und Liechtenstein den Grenzbezirk umfaßt, in der Schweiz sich bis auf 15 Kilometer von der Grenze erstreckt.|| Man ist einverstanden, daß das ganze Münstertal einschließlich der Gemeinde Cierfs als Grenzzone zu betrachten ist. || Die vertragschließenden Teile werden sich über Maßregeln verständigen, gegen deren Beobachtung - in gewissen Gegenden, wo dies notwendig befunden wird solchen Gegenständen, welche in Österreich-Ungarn und in der Schweiz sowohl in der Ein- als Ausfuhr zollfrei sind, der Grenzübertritt außer den Zollstraßen von Fall zu Fall gestattet werden kann.

6. Grobe Tiroler Strumpfwaren (Strümpfe, Socken, Handschuhe u. dgl.) aus dem Patznauner, Montafoner und Stanser Tal sowie in Tirol erzeugte Loden werden beim Eingange in die Schweiz über die Zollämter in St. Margarethen, Buchs und Martinsbruck, welche mit Typen dieser Waren versehen werden, in limitierter Jahresmenge gegen Nachweisung ihres Ursprungs durch Zeugnisse der Ortsbehörde des Erzeugungsortes aus dem Titel einer Grenzverkehrsbegünstigung zu ermäßigten Zollsätzen, und zwar: die Strumpfwaren zum Zollsatze von 30 Franken pro 100 Kilogramm und die Loden zum Zollsatze von 45 Franken pro 100 Kilogramm eingelassen. Die zollbegünstigte Menge beträgt 250 Meterzentner pro Jahr, wovon die Zollämter St. Margarethen und Buchs je 57 Meterzentner Strumpfwaren und je 57 Meterzentner Loden und das Zollamt Martinsbruck 11 Meterzentner Strumpfwaren und 11 Meterzentner Loden abfertigen dürfen. Werden die erwähnten Waren von Händlern oder Hausierern selbst mitgeführt, so wird nicht gefordert, daß eine spezielle Ursprungsbescheinigung für die jedesmal vorgeführte Quantität ausgestellt sei, sondern es wird bei Übereinstimmung der charakteristischen Merkmale der Ware mit den beim Zollamte befindlichen Typen eine Bescheinigung der Ortsbehörde über die Gesamtmenge der betreffenden Waren, welche der Händler oder Hausierer aus den Erzeugungsorten mitführte, für ausreichend angesehen werden. Bei der Einfuhr in die Schweiz aus dem gegenüberliegenden österreichischen Grenzbezirke und aus Liechtenstein werden gegen Nachweis dieses Ursprunges zugelassen: || Sägewaren aus Nadelholz, der Nr. 237 des schweizerischen Zolltarifes, bis zu einem jährlichen Maximalquantum von 80000 Meterzentner zum

Satze von 70 Rappen pro 100 Kilogramm; || fertige Bodenteile für Parketterie, unverleimt, der Nr. 242 des schweizerischen Zolltarifes, bis zu einem jährlichen Maximalquantum von 2500 Meterzentner zum Satze von 3 Franken pro 100 Kilogramm.

7. Sämtliche Rheinbrücken werden für den Personenverkehr ununterbrochen offen gehalten; der Personenverkehr auf den Rheinfähren sowie eine Abfertigung zollpflichtiger Waren findet jedoch nur zu den hierfür festgesetzten Stunden statt.

8. Es wird der Transit von Vieh und Waren aus Österreich durch die Schweiz über das Samnauner Tal nach dem Patznauner Tal und umgekehrt, sowie der Transit von Vieh und Waren aus der Schweiz durch Österreich nach dem Samnauner Tal und umgekehrt, und zwar sowohl über die Zollämter Martinsbruck und Spissermühl als auch über das Zollamt Schalkelhof nach Spissermühl gestattet. || Infolge der Gestattung des Transits aus der Schweiz nach Österreich in das Samnauner Tal und umgekehrt und der hierin enthaltenen Zusicherung des Bestandes der österreichischen Zollämter. Spissermühl und Schalkelhof wird für die Dauer dieses Vertrages die im Artikel IV des schweizerisch-österreichischen Grenzregulierungsvertrages vom 14. Juli 1868 stipulierte Neutralisierung des Weges von der Schweizergrenze bei der ehemaligen Alt-Finstermünzbrücke über den Schalkel- oder Schergenhof nach Spissermühl an der Samnauner Grenze (Artikel II, lit. b des genannten Vertrages) in der Weise beschränkt, daß dieser Weg, soweit er sich auf österreichischem Gebiete befindet, der österreichischen Zollkontrolle sowie den im österreichisch-ungarischen Zollgebiete geltenden Zollvorschriften unterworfen sein soll. Hiervon ausgenommen sind schweizerische Amtspersonen in amtlichen Verrichtungen, Angestellte der Grenzwache, Polizeiorgane und Militärpersonen in Dienstkleidung, mit oder ohne Bewaffnung. || Im übrigen soll nach den Bestimmungen des Artikels IV des Grenzregulierungsvertrages die Verkehrsfreiheit auf dem genannten Wege bestehen bleiben. || Nach Ablauf des gegenwärtigen Vertrages sollen, falls die Bestimmungen. dieses Zusatzartikels nicht im gegenseitigen Einvernehmen erneuert würden, die Bestimmungen des Grenzregulierungsvertrages vom 14. Juli 1868 in ihrem vollen Umfange wieder in Wirksamkeit treten. || Die den schweizerischen Militärpersonen in Dienstkleidung - mit oder ohne Bewaffnung – bei Passierung des auf österreichischem Gebiete gelegenen Teiles des Weges von der ehemaligen Alt-Finstermünzbrücke über den Schalkeloder Schergenhof nach Spissermühl zugesicherte Befreiung von der Revision ist an die Bedingung geknüpft, daß sich die betreffenden Personen bei den österreichischen Zollämtern Spissermühl und Schalkelhof

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durch ein Zertifikat der hierzu ermächtigten schweizerischen Organe darüber ausweisen, daß sie entweder zur Militärdienstleistung in der Schweiz einberufen sind oder von derselben in ihre Wohnstätte zurückkehren. Die schweizerische Regierung wird der österreichischen Regierung jene schweizerischen Organe namhaft machen, welche zur Ausstellung der oberwähnten Zertifikate ermächtigt sein sollen.

9. Die österreichischen Zollämter Taufers, Martinsbruck, Schalkelhof, Spissermühl und Ischgl werden zur Transitabfertigung für alle Waren sowie für Vieh ermächtigt.

10. Der Verkehr zwischen dem Münstertale und dem Unterengadin durch das Avignatal, jedoch ohne Berührung von Taufers, wird für Waren und Vieh gestattet. Um die Ortschaft Taufers zu berühren, bedarf es in jedem einzelnen Falle einer besonderen Bewilligung des k. k. Zollamtes Taufers.

11. Das mit den Befugnissen eines Hauptzollamtes II. Klasse ausgestattete österreichische Nebenzollamt I. Klasse in Martinsbruck wird für die Dauer des Vertrages eine Einschränkung seiner dermaligen Kompetenzen nicht erfahren.

12. Medikamente, welche von den laut Übereinkunft vom 29. Oktober 1885 zur Ausübung der Praxis in den Grenzzonen berechtigten Medizinalpersonen nach Zulaß der bezüglichen, in dem betreffenden Gebiete geltenden Sanitätsvorschriften mitgeführt oder für ihre Patienten aus der Hausapotheke unter Mitgabe der Rezepte ausgefolgt werden, sind vom Eingangszoll befreit.

Wien, den 9. März 1906.

Agenor Comes Gołuchowski m. p.

Ad Mandatum Sacrae Caesareae et Regiae Apostolicae Majestatis proprium:
Joannes a Mihálovich m. p.
Caput sectionis.

Schlußprotokoll.

Bei der Unterzeichnung des Handelsvertrages, welcher am heutigen Tage zwischen Österreich-Ungarn und der Schweizerischen Eidgenossenschaft abgeschlossen wurde, hat man sich über nachstehende Abmachungen geeinigt, welche zu Protokoll gegeben wurden und einen integrierenden Teil des Vertrages selbst bilden sollen:

Zu Artikel 1.

Übergange

Von Eingangs- und Ausgangsabgaben bleiben bei dem von den Gebieten des einen Teiles nach den Gebieten des andern Teiles

gegenseitig gänzlich befreit: || 1. Kunstsachen, welche für öffentliche Kunstinstitute und Sammlungen eingehen. || 2. Musterkarten und Muster in Abschnitten oder Proben, welche nur zum Gebrauch als solche geeignet sind, jedoch mit Ausschluß der Proben von Nahrungs- und Genußmitteln. || 3. Gebrauchte Gegenstände von Anziehenden zur eigenen Beputzung. Die Befreiung von Eingangs- und Ausgangsabgaben soll auch für solche in allen ihren Teilen gebrauchte Maschinen gelten, welche anläßlich der Errichtung oder weiteren Ausgestaltung eines Filialetablissements in den Gebieten des andern vertragschließenden Teiles eingeführt werden, falls hiermit auch eine Übersiedlung sei es des Fabriksinhabers oder bei mehreren solchen wenigstens eines derselben oder des Betriebsleiters verbunden ist. Die Bewilligung der Zollfreiheit für solche Maschinen kann jedoch in jedem einzelnen Falle nur durch die Direktivbehörde erfolgen. || Ferner auf besondere Erlaubnis als Ausstattungsgegenstände, Braut- oder Hochzeitsgeschenke eingehende, auch neue Sachen, sofern sie für Angehörige des einen Teiles bestimmt sind, welche aus Anlaß ihrer Verheiratung mit einer in einem der Gebiete des andern Teiles wohnhaften Person ihren Wohnsitz nach einem der Gebiete des andern Teiles verlegen. || 4. Gebrauchte Sachen, die erweislich als Erbschaftsgut eingehen, auf besondere Erlaubnis. || Von der Zollfreiheit unter Zahl 3 und 4 sind ausgeschlossen Nahrungs- und Genußmittel, unverarbeitete Gespinste und Gespinstwaren sowie sonstige zu weiterer Verarbeitung bestimmte Erzeugnisse, Rohstoffe aller Art und Tiere. || 5. Gebrauchsgegenstände aller Art, auch neue, welche Reisende, einschließlich der Fuhrleute, Schiffer und Schiffsmannschaften zum persönlichen Gebrauch oder zur Ausübung ihres Berufes auf der Reise mit sich führen, oder die ihnen zu diesem Zwecke vorausschickt oder nachgesandt werden; ebenso lebende Tiere, die von reisenden Künstlern bei Ausübung ihres Berufes oder zur Schaustellung benutzt werden. || Ferner aus dem Auslande zurückkommende gebrauchte Koffer, Reisetaschen und sonstiges Reisegerät, wenn darin Gebrauchsgegenstände von Reisenden in das Ausland gebracht worden sind. || Ferner die von Reisenden, einschließlich der Fuhrleute, zum eigenen Verbrauch während der Reise mitgeführten Verzehrungsgegenstände, ebenso der Bedarf der Schiffer und Schiffsmannschaften, für diese jedoch höchstens in einer auf zwei Tage berechneten Menge. || 6. Fahrzeuge aller Art, einschließlich der zugehörigen Ausrüstungsgegenstände, die bei dem Eingang über die Zollgrenze zur Beförderung von Personen oder Waren dienen und nur aus dieser Veranlassung eingeführt werden, oder die aus dem Auslande zurückkommen, nachdem sie beim Ausgange diesem Zwecke gedient haben; auch Fahrzeuge,

wenn sie dazu bestimmt sind, Personen oder Waren in das Ausland zu bringen. || Pferde und andere Tiere, einschließlich der zugehörigen Geschirre und Decken, wenn sie als Reittiere, zur Fortbewegung von Fahrzeugen aller Art oder zum Warentragen dienen und nur aus dieser Veranlassung die Grenze überschreiten, oder wenn sie aus dem Auslande zurückkommen, nachdem sie beim Ausgang in der angegebenen Weise verwendet worden sind; auch Pferde und andere Tiere, wenn sie dazu bestimmt sind, Personen, Fahrzeuge oder Waren in das Ausland zu bringen. | Fahrzeuge aller Art sowie Pferde und andere Tiere von Reisenden auch in dem Falle, wenn sie zur Zeit der Einfuhr nicht als Beförderungsmittel dienen, sofern sie erweislich sich schon seither im Gebrauch ihrer Besitzer befunden haben und zu deren weiterem Gebrauch bestimmt sind. || Verbleiben in den bezeichneten Fällen Fahrzeuge oder Tiere dauernd im Inlande, so tritt die Zollpflicht ein. || Futter, das zum Reiseverbrauch der in Absatz 2 und 3 bezeichneten Tiere mitgeführt wird, in einer der Zahl der Tiere und der voraussichtlichen Reisedauer, höchstens jedoch einem Zeitraume von zwei Tagen entsprechenden Menge.

Zu Artikel 4.

Man ist übereingekommen, daß die Verständigung über die Bedingungen und Förmlichkeiten, unter denen die im Artikel 4 gedachten Verkehrserleichterungen eintreten, durch direkte Korrespondenz zwischen den beteiligten Regierungen hergestellt werde; es sollen dabei, unbeschadet weitergehender autonomer Erleichterungen, die nachstehenden Grundsätze leitend sein. || § 1. Die Gegenstände, für welche eine Zollbefreiung in Anspruch genommen wird, müssen bei den Zollstellen nach Gattung und Menge angemeldet und zur Revision gestellt werden. || § 2. Die Abfertigung der ausgeführten und wiedereingeführten, beziehungsweise der eingeführten und wiederausgeführten Gegenstände soll in der Regel bei denselben Zollstellen erfolgen, mögen diese an der Grenze oder im Innern sich befinden. § 3. Es kann die Wiederausfuhr und Wiedereinfuhr an die Beobachtung angemessener Fristen geknüpft und die Erhebung der gesetzlichen Abgaben dann verfügt werden, wenn diese Fristen unbeachtet bleiben. § 4. Es ist gestattet, eine Sicherung der Abgaben durch Hinterlegung des Betrages derselben oder in anderer entsprechender Weise zu verlangen. § 5. Gewichtsdifferenzen, welche durch Reparaturen oder durch die Bearbeitung der Gegenstände entstehen, sollen in billiger Weise berücksichtigt werden und geringe Differenzen eine Abgabenentrichtung nicht zur Folge haben. § 6. Die vertragschließenden Teile werden für eine möglichst erleichterte Zollabfertigung Sorge tragen. || § 7. Jeder der

Staatsarchiv LXXIV.

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