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Die Bundesversammlung soll außerdem befugt seyn, die zu ihrer Kenntniß gelangenden, unter der Hauptbestimmung des §. 1 begriffenen Schriften, in welchem deutschen Staate sie auch erscheinen mögen, wenn solche nach dem Gutachten einer von ihr ernannten Commission, der Würde des Bundes, der Sicherheit einzelner Bundesstaaten, oder der Erhaltung des Friedens, und der Ruhe in Deutschland zuwiderlaufen, ohne vorhergegangene Aufforderung aus eigener Autorität durch einen Ausspruch, von welchem keine Appellation Statt findet, zu unterdrücken, und die betreffenden Regierungen sind verpflichtet, diesen Ausspruch zu vollziehen.

§. 7. Wenn eine Zeitung oder Zeitschrift durch einen Ausspruch der Bundesversammlung unterdrückt worden ist; so darf der Redakteur derselben binnen fünf Jahren in keinem Bundesstaate bei der Redaktion einer ähnlichen Schrift zugelassen werden.

Die Verfasser, Herausgeber und Verleger der unter der Hauptbestimmung des §. 1 begriffenen Schriften bleiben übrigens, wenn sie den Vorschriften dieses Beschlusses gemäß gehandelt haben, von aller weitern Verantwortung frei, und die im §. 6 erwähnten Aussprüche der Bundesversammlung werden ausschließend gegen die Schriften, nie gegen die Personen gerichtet.

§. 8. Sämmtliche Bundesglieder verpflichten sich, in einem Zeitraum von zwei Monaten die Bundesverfammlung von den Verfügungen und Vorschriften, durch welche sie dem §. 1 dieses Beschlusses Genüge zu leisten gedenken, in Kenntniß zu sehen.

§. 9. Alle in Deutschland erscheinenden Druckschriften, sie mögen unter den Bestimmungen dieses Beschlusses begriffen seyn, oder nicht, müssen mit dem Namen des Verlegers, und in sofern sie zur Classe der Zeitungen oder Zeitschriften gehören, auch mit dem Namen des Redakteurs versehen seyn. Druckschriften, bei welchen diese Vorschrift nicht beobachtet ist, dürfen in keinem Bundesstaate in Umlauf gesezt, und müssen, wenn solches heimlicher Weise geschieht, gleich bei ihrer Erscheinung in Beschlag genommen, auch die Verbreiter derselben, nach Beschaffenheit der Umstände, zu gemessener Gelds oder Gefängnißstrafe verurtheilt werden.

§. 10. Der gegenwärtige einstweilige Beschluß soll vom heutigen Tage an` fünf Jahre lang in Wirksamkeit bleiben. Vor Ablauf dieser Zeit soll am Bundestage gründlich untersucht werden, auf welche Weise die im achtzehnten Artikel der Bundesacte in Anregung gebrachten gleichförmigen Verfügungen über die Preßfreiheit in Erfüllung zu seßen seyn möchten, und demnächst ein Definitivbeschluß über die rechtmäßigen Grenzen der Preßfreiheit in Deutschland erfolgen.

V.

Geseß,

wodurch die Paragraphen des Preßgesetzes vom 28. Dec. 1831*), welche der Preßgesetzgebung des Bundes widersprechen, aufgehoben werden.

Leopold von Gottes Gnaden,
Großherzog von Baden, Herzog von Zähringen.

Nachdem mittelst eines von der Bundesversammlung am 5. 1. M. gefaßten Beschlusses Unsere sämmtlichen · Bundesgenossen einmüthig erklärt haben, daß das von Uns unter dem 28. December v. J. erlassene Preß: geset mit der dermaligen Bundesgesetzgebung über die Presse unvereinbar sei, und daher nicht bestehen dürfe; nachdem auch die einzelnen Bestimmungen des Preßgeseßes, welche als Anlaß zu dieser Erklärung betrachtet werden müssen, in einem früheren Bundescommissions

* Siehe Handbuch für Badens Bürger Seite 51.

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bericht verzeichnet sind, dessen Inhalt sich die Bundesversammlung durch ihren Beschluß zu eigen gemacht;

in Erwägung, daß die Bundesversammlung berufen ist, den Sinn der Bundesgeseße, wenn darüber Zweifel erhoben werden, behufs ihrer gleichförmigen Anwendung zu bestimmen; auch daß vermöge §. 17 der Verfassungsurkunde die Preßfreiheit nach den Bestimmungen der Bundesversammlung gehandhabt werden soll;

sehen Wir uns veranlaßt, das Preßgesek vom 28. December v. J., in so weit der vorgedachte Commissionsbericht solches als der Preßgesetzgebung des Bundes widersprechend bezeichnet, für unwirksam zu erklären und hiernach weiter zu verordnen, wie folgt:

Art. 1. Schriften, die in der Form täglicher Blätter oder heftweise erscheinen, deßgleichen solche, die nicht über zwanzig Bogen im Druck stark sind, dürfen nur mit Vorwissen und vorgängiger Genehmhaltung der betreffenden Polizeibehörde zum Druck befördert werden.

Art. 2. Wird diese Vorschrift umgangen, so verfällt der Schuldige in eine Strafe von fünf bis fünfzig Gulden, vorbehaltlich derjenigen Strafe, die wegen des Inhalts der Druckschrift eintreten kann.

Art. 3. Die im vorhergehenden Artikel gedrohte Geldstrafe kann bis zum Doppelten erhöht werden, wenn die nachgesuchte Druckerlaubniß ausdrücklich versagt und hierauf der Druck dennoch vorgenommen worden ist.

Art. 4. Wird das Einholen der Druckerlaubniß umgangen oder das Druckverbot übertreten, so ist die

Polizeibehörde verpflichtet, die Druckschrift von Amtswegen mit Beschlag zu belegen.

Art. 5. Bei Ertheilung oder Versagung der Druckerlaubniß hat die Polizeibehörde das Bundespreßgefeß vom 20. September 1819, sodann die §§. 18, 20, 21 und 22 des Preßgesetzes vom 28. December v. J. zur Richtschnur zu nehmen.

Art. 6. Die Oeffentlichkeit des gerichtlichen Ver=" fahrens wegen Preßverbrechen oder Preßvergehen ist aufgehoben.

Art. 7. Alle Vorschriften des Preßgeseßes vom 28. December v. J., welche mit vorstehenden Bestimmungen unvereinbar sind, wohin namentlich die in den §§. 1, 8, 12, 14, 15, 16 und 17 enthaltenen Vorschriften, dann die Vorschrift wegen Oeffentlichkeit des Verfahrens in den SS. 33, 53, 58, 59, 66 und 83 gehören, treten außer Wirksamkeit.

Diese Verordnung ist sogleich zu vollziehen.

Gegeben zu Carlsruhe, in unserem großherzoglichen Staatsministerium, den 28. Juli 1832.

Leopold.

Frhr. von Reizenstein, Frhr. von Schäffer, von Böckh, Frhr. von Türckheim, von Gulat. Winter, Jolly, Frhr. von Weiler.

Auf Befehl Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs:

Eichrodt.

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