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Wir finden, dass diese Abnahme in den verschiedenen Gegenden des Landes sehr verschieden ist; an ein paar Stellen, vor allem in Stockholm, zeigt sich keine Abnahme, sondern im Gegentheil eine bedeutende Zunahme. Diese Zunahme ist so gross, dass seit dem Jahre 1886 in Stockholms civilen Curhäusern, wenn man sich nur an die absoluten Zahlen hält, eine grössere Anzahl Personen behandelt worden sind, als in allen civilen Krankenhäusern des Landes zusammen (Gothenburgs jedoch nicht mit einberechnet; siehe das Diagramm). Die Zahl der jährlich behandelten venerischen Personen ist in diesen Krankenhausern von 2,783 bis auf 1540,4 gesunken, während sie in Stockholms Curhäusern von 250 bis auf 1933 sestiegen ist, oder berechnet man sie auf 10,000 Einwohner, so ist sie in sämmtlichen Krankenhäusern des Landes (ausser Gothenburgs und Stockholms) von 10.4 bis auf 3.4 gesunken, in Stockholms Curhäusern aber ven 31.4 bis auf 71.5 gestiegen (1). Die Ursache dieser Vermehrung der Anzahl der venerischen Personen in Stockholm und auch in Gothenburg ist sicher in der bedeutenden Vergrösserung dieser Städte in diesen Jahren zu suchen; dieselben sind Grossstädte mit allen deren Schattenseiten geworden. Wir finden einen stetig zunehmenden Verkehr von Fremden, von zufälligen Besuchern, der ja stets zur Vermehrung einer mehr oder weniger heimlichen Prostitution und auch des Importes der venerischen Krankheiten beiträgt. Trotz dem finden wir, dass sich die Anzahl der überwachten prostituirten Frauen, pro mille der Bevölkerung berechnet, mehr und mehr vermindert (siehe Tabelle I der Hauptabtheilung I und der Unterabtheilung 7), ebenso auch berechnet nach der Zahl der die Stadt besuchenden Fremden unter solchen Verhältnissen kann es ja nicht Wunder nehmen, wenn sich die Anzahl der venerischen Krankheitsfälle vermehrt.

Untersuchen wir die Angaben für die verschiedene Läne, so finden wir, dass die Anzahl der venerischen Krankheitsfälle in den verschiedenen Länen sehr verschieden ist. Wir finden,

(1) Im ganzen Lande zeigten die venerischen Krankheiten gegen das Ende der sechziger Jahre eine Zunahme, die man mit dem Nothjahr 1868 hat in verbindung bringen wollen, welche Erklärung derselben aber nicht ganz richtig sein kann. Ich habe für diese Zunahme der venerischen Krankheiten keine wirklich annehmbare Erklärung finden können.

dass ihre Anzahl sich in einigen Länen bedeutend vermindert und bis auf sehr unbedeutende Zahlen gesenkt hat, während sie sich in anderen Länen nicht unbedeutend über der Mittelzahl hält. In einigen Länen, z. B. in Westmanlands-Län u. a., finden wir eine höchst bedeutende Verminderung in den Anzahl der venerischen Krankheitsfälle (von 16.1 bis auf 2.8), ungeachtet sich in diesen Länen eine Menge industrielle Anlagen finden, aber so ist hier auch die Bevölkerung wenig beweglich und fremde Elemente kommen seltener hierher. Ganz anders ist das Verhältniss in anderen Länen, z. B. in Gefleborgs und Westernorrlands-Län, wo sich grosse Städte mit einer sehr bedeutenden Schifffahrt, Ausschiffung von Holz u. s. w. finden; eine bedeutende Menge fremde Schiffe kommen jährlich hierher und führen hier neue Austeckungsstoffe ein.

Dass die Ansteckung in diesen Länen zum grossen Theil in anderer Weise als in einem Theil jener Läne geschicht, lässt sich aus der verschieden hoch angegebenen Anzahl der in verschiedenen Länen in insonter Weise verbreiteten Fälle von Syphilis ahnen.

Für die Jahre 1822-1826 finden sich Angaben über die Weise der Ansteckung von den in Krankenhäusern in verschiedenen Theilen des Landes gepflegten Patienten. Man theilte die Krankenhäuser in 4 Categorien ein: A. Militärlazarethe; B. Krankenhäuser in Stockholm; C. Krankenhäuser im Innern des Landes. D. Krankenhäuser längs der Küste des Landes. Die auffallende Verschiedenheit der Ansteckungsweise geht aus folgender Tabelle hervor.

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Auch wenn die Verschiedenheit der Ansteckung später weniger schlagend hervortritt, findet sie sich doch, und ich habe für die

Jahre 1863-1871 die Fälle der verschiedenen Ansteckungsweisen für Syphilis für verschiedene Låne auszurechnen gesucht. Es zeigt sich da, dass in Stockholm in diesen Jahren nur 2.7 Procent der Patienten, in Gothenburg 9.8 Proc., in Malmöhns-Län 10.7 Proc., in Sundsvall 13.4 Proc., in Hernösand 15.2 Proc. und in Gefleborgs-Län 15.8 Proc. - hier findet sich Städte mit bedeutender Schiffahrt-die Krankheit extragenital erhalten haben, während z. B. in Kronobergs-Län 42 Proc. und in Skaraborgs-Län 48.5 Proc. diese Läne liegen im Innern des Landes und haben eine recht bedeutende Industrie, aber keinen neues Gift importirenden Fremdenverkehr - extragenital inficirt worden sind.

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Allmählich ist später in dieser Hinsicht überall eine Veränderung eingetreten. In dem Verhältniss, in dem die Aufklärung unter der Bevölkerung gestiegen und ein besserer ökonomischer Zustand mit ihn begleitender grösserer Geräumigkeit und Reinlichkeit in den Wohnungen eingetreten ist u. s. w. finden wir, dass insonter syphilis, ob durch Säugen oder in anderer Weise übertragen, in unserem Lande abgenommen hat. Dieses geht aus Tabelle IV hervor, in der ich die Weise der Ansteckung für die in den civilen Curhäusern des Reiches in den Jahren 18711894 behandelten syphilitischen Patienten zusammengestellt habe.

TABELLE IV.

1871 1872

1873 1874 1875 1876 1877 1878 1879 1880 1881 1882 1883

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1 351 1,259 1,253 1 231 1,028 1,298 1,620 1,728 1,745 1,746 1,894

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1884 1885 1886 1887 1888 1889 1890 1891 1892 1893 1894 1895 1896

1,834 1,442 1,331 1,285 1,323 1,396 1,273 1,450 1,515 1,571 1,520 1,383 1,539

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das Kind.

das Kind
die Amme.

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Andere wege

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(1) Diese Steigerung ist durch eine lokale Epidemie der Syphilis in ein Paar Dörfer in Westerbottens-Län verursacht. Wir finden hier nicht minder als 64 von dieten 159 Inficirten.

b) Für die Garnison in Stockholm finden sich Angaben seit dem Jahre 1822. Die Stärke der Garnison im Anfange des Jahrhunderts kenne ich nicht; in den letzten 5 Quinquennien ist sie ungefähr 4-5000 Mann gewesen. Die Zahl der Angesteckten ist, wie die Tabellen I, und II und das Diagramm zeigen, sehr bedeutend gewesen. Gemäss eines königl. Erlasses vom 29 Juli 1839 hat sich die Mannschaft einmal in der Woche einer Gesundheitsuntersuchung zu unterwerfen.

c) Seit dem Jahre 1889 werden die Prostituirten in Stockholm in einem besonderen Krankenhause gepflegt, und ich habe über die Anzahle der wegen venerischer oder anderen (oft pseudovenerischer) Krankheit dorthin überwiesenen Frauen für die Jahre 1889-1897 folgende Tabelle zusammengestellt.

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Von den wegen Syphilis nach dem Krankenhause überwiesenen Frauen hat die Mehrzahl ein Recidiv der Krankheit gehabt; es ist also ein und dieselbe Frau im Laufe eines Jahres mehr als einmal für diese Krankheit behandelt worden. Die Anzahl der für den ersten Ausbruch der Syphilis behandelten Frauen ist verhältnismässig gering gewesen; im Jahre 1897 z. B. war es nur 67.

d) Eine Specificirug des Standes, des Gewerbes, dem die im Krankenhause behandelten Personen angehört haben, vermag ich nicht zu liefern; die allermeisten haben der arbeitenden Klasse angehört.

Aus dem Vorstehenden geht hervor, dass auf dem Lande eine bedeutende Verminderung in der Frequenz der venerischen Krankheiten eingetreten ist; eine Frage von Interesse ist dann die gilt dieses von allen drei venerischen Krankheiten oder nur von der einen oder der anderen derselben? Wir wissen, von wie verschieden grosser socialer Bedeutung diese Krankheiten sind. Das Ulcus molle hat ja eine verhältnismässig geringe Bedeutung für die Gesellschaft. Die Syphilis hat dagegen eine in socialer Hinsicht besonders grosse Bedeutung. Die Gonorrhöe, die man früher beinahe mit Veracht betrachtete und als eine Bagatellkrankheit ansah, haben wir nun durch die Forschungen der letzteren Jahre als eine für das Individuum und die Gesellschaft recht ernste Krankheit kennen gelernt. Es wäre nun von Gewicht und Interesse, wenn wir constatiren könnten, dass die Verminderung, die sich in der Frequenz der venerischen Krankheiten gezeigt hat, hauptsächlich einer dieser in socialer Hinsicht wichtigen Krankheiten gilt.

Da wir nun auf Grund der Form der Aufstellung der Jahresberichte nicht mit Sicherheit wissen, wie viele Personen für die eine oder die andere venerische Krankheit behandelt worden sind, kann eine Berechnung in der angedeuteten Richtung natürlicherweise nur approximativ werden, doch deutet sie, höchstwahrscheinlich im Grossen gesehen, ziemlich zuverlässig die wechselnde Frequenz dieser Krankheiten an.

In den ältesten Berichten hat man eine solche Berechnung quinquennienweise gemacht, weshalb auch ich meine Berechungen vom Jahre 1862 an nach Quinquinnien zusammengestellt habe.

Allem Anscheine nach ist das Ulcus molle, wenigstens auf dem Lande, bis in die vierziger Jahre, wo sich seine Frequenz vermehrt zu haben scheint, ziemlich selten gewesen. In Stockholm scheint es ziemlich zahlreich vorgekommen zu sein und sich allmählich so vermehrt zu haben, dass in den fünfziger Jahren ungefahr 40-50 Procent der behandelten venerischen Krankheitsfälle Ulcus molle waren.

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