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unmöglich wurde. Die venerischen Kraukheiten verbreiteten sich mehr und mehr. Grund dessen wurde ein neuer Vorschlag ausgearbeitet, der hauptsächlich eine zweckmässige Anordnung der Untersuchung der leichtfertigen Frauen mit einer die Prostitution stets überwachenden, verantwortlichen Abtheilung der Gesundheitspolizei in Verbindung gestellt, absah. Dieser Vorschlag wurde genehmigt und im Juli 1859 ein Untersuchungsamt errichtet, wo Aerzte und Polizei zusammen

wirkten.

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Das alte strenge Gesetz für Unsucht galt noch, und auf dieses konnte selbstverständlich das Prostitutionsreglement nicht basirt werden; dasselbe wurde daher hauptsächlich auf gesetzliche Bestimmungen für försvarslösa gegründet, nach welchem eine försvarslös Person, d. h. eine Person, die sich nicht durch eigene Arbeit oder eigene Mittel ehrlich versorgen konnte oder wollte, zur Arbeit in allgemeinen Arbeitshäusern oder Spinnhäusern verurtheilt werden konnte.

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Da nun die Prostituirten eigentlich försvarslösa Personen waren, konnten sie nach diesem Gesetze verurtheilt werden, doch wurde ihre Lebensweise so lange geduldet, wie sie sich den im Prostitutionsreglement gegebenen Vorschriften, d. h. der ärztlichen Untersuchung und einer Menge Ordnungsvorschriften von ungefähr derselben Art wie in anderen Ländern unterwarfen.

Aus diesen Vorschriften will ich hier §1 anführen: Jede Frau, die sich zur Unzucht gebrauchen lässt, ist bei der Gefahr, die später bestimmt werden wird, verpflichtet, sich wenigstens einmal wöchentlich an dem Tage und zu der Zeit, die dazu festgesetzt werden, medicinischer Gesundheitsuntersuchung zu unterwerfen, wovon sie, wenn sie es unterlässt, sich von selbst dazu anzumelden, das Oberstatthalteramt für Polizeisachen, wenn sie bei angestellter Untersuchung der Unzucht überführt wird, zu verständigen hat. Hier wird also die Unzucht nicht als Gewerbe erwähnt.

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Die Strafen für Vergehen gegen diese Vorschriften waren ziemlich streng. So sagt 5: Unterlässt es eine Frau, vorstehenden Vorschriften, von denen ihr bei der Einregistrirung ein gedrucktes Exemplar, in das ihr Name und ihr Alter eingetragen sind, einzuhändigen ist, nachzukommen und lässt sie

sich durch die vom Vorsteher des Untersuchungsamtes an sie zu richtende Erinnerung hieran nicht zurechtweisen, ist sie, ausser dass sie zu Geldbussen, wo solche bestimmt sind, verurtheilt wird, auf dem Polizeigericht zu warnen und bei ernentem Vergehen durch geeignete Geldstrafen zur Beobachtung von Anstand und Ordnung anzuhalten. Wird sie trotzdem bei Vergehen gegen diese Vorschriften betroffen, ist sie in Gemässheit mit den in der Königlichen Verordnung für försvarslöshet und Armenpflege im Reiche gegebenen Bestimmungen zu behandeln und zur Arbeit in allgemeinen Arbeitshäusern oder in Spinnhäusern für eine Zeit von zwei Monaten bis zu einem Jahre zu verurtheilen".

Die Untersuchungen geschahen einmal wöchentlich, entweder unentgeltlich auf dem Untersuchungsamt, oder, gegen eine besondere Entschädigung, in der Wohnung des Arztes oder der Prostituirten.

Am 2. Juni 1875 wurde hierin eine Aenderung insofern vorgenommen, als von da ab alle Untersuchungen auf dem Untersuchungsamte auszuführen und die Prostituirten zweimal wöchentlich zu untersuchen sind. Es können aber die Frauen, die sich stets ordentlich auf dem Untersuchungsamte eingefunden haben, die Vergünstigung erhalten, sich gegen eine geringe Abgabe zu einer besonderen Zeit besichtigen zu lassen; dazu brauchen sie sich nur einmal wöchentlich untersuchen zu lassen.

Ausserdem wurde die Bestimmung in die Vorschriften aufgenommen, dass als prostituirt jede Frau zu betrachten ist, die die Unzucht erweislich als Gewerbe betreibt.

Im Jahre 1885 wurde die försvarslöshetsstadgan " aufgehoben und an ihre Stelle trat die Verordnung für lösdrifvare (Vagabunden), auf die nun das Untersuchungsreglement zum grossen Theil gegründet wurde und in der unter anderen bestimmt wird, dass Personen, die, ohne Mittel für ihren Unterhalt zu besitzen, es unterlassen, sich nach Vermögen ehrlich zu versorgen und zugleich ein solches Leben führen, dass sie für allgemeine Ordnung und Sittlichkeit gefährlich werden, zu allgemeiner Zwangsarbeit verurtheilt werden können. Diese Verordnung wird nun gegen die Prostituirten in der Weise angewandt, dass sie eigentlich nur dann, wenn sie sich gegen

das Prostitutionsreglement vergehen, nach derselben verurtheilt werden.

Ueber die Strafbestimmungen giebt § 7 Aufschluss: Unterlässt es eine prostituirte Frau, sich diese Vorschriften, von denen ihr bei der Einregistrirung ein gedrucktes Exemplar, in das ihr Name und ihr Alter eingetragen worden sind, einzuhändigen ist, oder andere Vorschriften, die ihr sonst von der Polizeibehörde gegeben werden können, zur Richtschnur zu nehmen und lässt sie sich durch die Warnung, die ihr der Vorsteher der Polizeiabtheilung des Untersuchungsamtes in diesem Falle zu geben hat, nicht zurechtweisen, ist sie in Uebereinstimmung mit den in der Königlichen Verordnung in Betreff der Behandlung der Landstreicher gegebenen Bestimmungen zu behandeln und kann dann zu Zwangsarbeit von ein Monat bis zu drei Jahren verurtheilt werden. Die übrigen Bestimmungen verblieben unverändert.

In Jahre 1864 wurde das Gesetz des schwedischen Reiches geändert, wobei die Strafbestimmungen für einfachen Geschlechtsverkehr (d. h. zwischen unverheiratheten Personen) realiter wegfielen und die obenerwähnten strengen Paragraphen eine höchst hedeutente Milderung erfuhren, doch wurde in das neue Gesetz kein Paragraph über gewerbsmässige Unzucht aufgenommen.

Dadurch, dass sich in unserem allgemeinen Gesetz kein Paragraph oder Specialgesetz für gewerbsmässige Unzucht findet und das Prostitutionsreglement auf das Vagabundengesetz gegründet ist, können sich viele Prostituirte der Untersuchung entziehen; dieselben leben zwar zum grossen Theil von Unzucht, haben aber auch eine Beschäftigung und können deshalb nicht als Landstreicherinnen behandelt werden.

Dieser Mangel unseres Gesetzes an eines bestimmten Vorschrift in Betreff der gewerbsmässigen Unzucht ist die Ursache, dass die Ueberwachung der Prostituirten nicht mit hinreichender Kraft geschehen kann und dass die Untersuchung derselben, mit der unbestreitbar viel Gutes ausgerichtet worden ist, nicht den Nutzen gemacht hat, den man von ihr hätte erwarten können.

In einigen anderen schwedischen Städten ist die ärztliche Untersuchung der leichtfertigen Frauen ebenfalls eingeführt

Die dort geltenden Vorschriften stimmen in der Hauptsache mit den von Stockholm angeführten überein.

4. De quelle façon, où et par qui se fait l'examen des prostituées? L'exameu des gonocoques est-il pratiqué et combien de fois? Quelles sont les conditions exigées pour qu'un médecin soit chargé de ce service?

a. Die Besichtigungen geschehen alle Wochentage auf dem Untersuchungsamt; bei ihnen sind stets zwei Aerzte zugegen. Die Frauen werden immer mit dem Vaginalspeculum untersucht; wenigstens alle 14 Tage werden vollständige Untersuchungen (Mund- und Schlunduntersuchungen) ausgeführt; bei vorhandenem Verdachte wird der ganze Körper untersucht.

b. Untersuchungen auf Gonococcen werden auf dem Untersuchungsamte nicht ausgeführt der Untersuchungsarzt ist aber verpflichtet, ohne Vorurtheil über die Ansteckungsfähigkeit des Leidens jede Frau, die ein Geschwür an den Geschlechtstheilen hat oder bei der sich eine krankhafte Absonderung aus ihnen zeigt, nach dem Curhause zu übersenden. Im Krankenhause wird nachher die Untersuchung auf Gonococcen ausgeführt.

c. Eigentlich giebt es keine anderen Vorschriften, als dass der Untersuchungsarzt ein Alter von 30 bis 60 Jahren haben muss. Es ist Praxis, zu Untersuchungsärzten solche Aerzte anzunehmen, die eine längere zeit als Aerzte in Krankenhäusern für venerische Kranke in Stockholm angestellt gewesen sind.

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De quelle façon se pratique l'hospitalisation des prositituées? Existe-t-il un traitement ambulatoire?

a. Bis zum October 1888 wurden die Prostituirten in einer besonderen Abtheilung des Krankenhauses-des Curhauses der Stadt und des Läns Stockholm welches damals für die Pflege venerischer Patienten bestimmt war, gepflegt. Seit 1889 werden in diesem umgebanten und neu eingerichteten Krankenhause keine anderen Personen von der Stadt Stockholm als die daselbst prostituirten Frauen gepflegt. Dieselben werden vom Untersuchungsamt dorthin überwiesen und müssen dort so lange blei

ben, wie es der Oberarzt daselbst, der auch Untersuchungs arzt ist, als nothwendig erachtet. Sie erhalten kostenfreie Pflege.

b. Es ist den Untersuchungsärzten verboten, ausser dem Krankenhause eine einregistrirte Frau wegen einer venerischen Krankheit unter Behandlung zu nehmen, weshalb eine ambulatorische Behandlung der Prostituirten von seiten der Untersuchungsärzte nicht in Frage kommen kann.

6.

Sous quelle forme existe la prostitution clandestine (prostituées errantes, serveuses, prostituées intermittentes)?

In Stockholm giebt es viele Dienstmädchen, Näherinnen, Fabriks arbeiterinnen, Aufwärterinnen in Kaffehäusern ü. s. w., die zum Theil von der Unzucht leben; da sie aber eine Art Anstellung haben, können sie nicht zur Einregistrirung auf dem Untersuchungsamt gezwungen werden.

7. Dans quels milieux se recrutent les prostituées?

Quelles sont les influences générales ou locales qui poussent à la prostitution?

STATISTISCHE ANGABEN UBER DIE PROSTITUTION IN STOCKHOLM.

Wie ich schon erwähnt habe, wurde eine regelmässige Untersuchung der Prostituirten in Stockholm im Jahre 1847 eingeführt; in diesem Jahre wurden hier 174 Frauen der ärztlichen Untersuchung unterworfen. In den folgenden zehn Jahren war die Zahl der untersuchungspflichtigen Frauen resp. 150, 141, 135, 140, 114, 130, 142, 154, 159 und 166.

Von den im Jahre 1857 untersuchungspflichtigen Frauen waren 9 unter 20 Jahren, 56 waren zwischen 20 und 24 Jahren, 46 zwischen 25 und 29 Jahren, 23 zwischen 30 und 34 Jahren und 17 waren 35 Jahre oder darüber; von 15 ist das Alter nicht bekannt. Es waren 47 dieser Frauen in Stockholm, 95 auf dem Lande und 2 im Auslande geboren; von 22 ist nicht bekannt, wo sie geboren waren.

Von diesen 166 Frauen waren nur 21 in Kaffehäusern angegestelt; die übrigen 145 wohnten für sich allein. Von diesen 145 Frauen wohnten nicht weniger als 57 in der inneren Stadt, wie

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