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Um nicht ohne Not eine Änderung der Bundes-Kriegsverfassung zu beantragen, sind wir bemüht, die erstrebten Garantien in Übereinstimmung mit derselben ins Leben zu führen. .

Für die Kriegsmarine der beiden Herzogtümer wird dieselbe organische Verschmelzung mit der preußischen beabsichtigt. Da keine Marine des deutschen Bundes existiert, und die Streitkräfte Holsteins zur See für eine solche also vertragsmäßig nicht in Anspruch genommen sind, so findet auf diesem Gebiete keine Berührung mit der Bundes-KriegsVerfassung statt. Die Bildung einer selbständigen Marine SchleswigHolsteins würde nach den Kräften dieses Staates schwer zu verwirklichen und unzulänglich bleiben, um die Kräfte, welche die Herzogtümer auf diesem Gebiete darbieten, für Deutschlands Wehrkraft zur See thätig zu machen.

Ich erwähne nur flüchtig der in dem Entwurf ebenfalls ausgesprochenen Territorial-Abtretungen. Sie sind nach dem dringendsten Bedürfnis für die Befestigungen des Landes und die Erfordernisse der preußischen Marine möglichst eng abgemessen und enthalten keinen erheblichen Gebietszuwachs für Preußen. .

Die Bildung eines neuen isolierten Zollgebietes zwischen NordDeutschland und dem skandinavischen Norden würde unnatürlich sein, auf alle materiellen Interessen lähmend einwirken und die bisherigen Verkehrsbeziehungen Preußens zu Dänemark und Schweden wesentlich verschlechtern.

Die innere Selbständigkeit des neuen Staates und seiner Verwaltung bleibt unbeschränkt. Nur soweit die Einrichtungen für die Aushebung des Militärs u. s. w. dabei in Betracht kommen, werden die inneren Verhältnisse den preußischen Einrichtungen angepaßt und den preußischen Militärbehörden die erforderliche Mitwirkung gesichert.

Außerdem muß die Königliche Regierung sich in zwei Punkten einen bestimmenden Einfluß vorbehalten.

Der eine betrifft den Nord-Ostsee-Kanal, über welchen, da er die Verbindungslinie für die preußische Marine in der Nord- und Ostsee bildet, Preußen ein Oberaufsichtsrecht nach den in dem Entwurf entwickelten Grundsätzen in Anspruch nimmt.

Der zweite bezieht sich auf das Post- und Telegraphenwesen in den Herzogtümern.

Die Gesamtheit dieser Forderungen, wie sie in der Anlage entwickelt sind, stehen auch für Holstein mit den Bundesverträgen laut Art. 6 der Wiener Schlußakte nicht in Widerspruch.*)

*) Österreich lehnte diese Bedingungen ab (5. März).

266.

Der Gasteiner Vertrag.

14. Aug. 1865.

(v. Meyer, Corpus Iuris Conf. Germ. III, 576 ff.)

Ihre Majestäten der Kaiser von Österreich und der König von Preußen haben Sich überzeugt, daß das bisher bestandene Kondominium in den von Dänemark durch den Friedensvertrag vom 30. Oft. 1864 abgetretenen Ländern zu Unzukömmlichkeiten führt, welche gleichzeitig das gute Einvernehmen zwischen Ihren Regierungen und die Interessen der Herzogtümer gefährden. Ihre Majestäten sind deshalb zu dem Entschlusse gelangt, die Ihnen aus dem Artikel III des erwähnten Traktats zufließenden Rechte fortan nicht mehr gemeinsam auszuüben, sondern bis auf weitere Vereinbarung die Ausübung derselben geographisch zu teilen. . . .

Art. 1. Die Ausübung der von den hohen vertragschließenden Teilen durch den Art. III des Wiener Friedenstraftates vom 30. Oft. 1864 gemeinsam erworbenen Rechte wird, unbeschadet der Fortdauer dieser Rechte beider Mächte an der Gesamtheit beider Herzogtümer, in Bezug auf das Herzogtum Schleswig auf Seine Majestät den König von Preußen, in Bezug auf das Herzogtum Holstein auf Seine Majestät den Kaiser von Österreich übergehen.

Die hohen Kontrahenten wollen am Bunde die Herstellung einer deutschen Flotte in Antrag bringen und für dieselbe den Kieler Hafen als Bundeshafen bestimmen. Bis zur Ausführung der desfallsigen Bundesbeschlüsse benutzen die Kriegsschiffe beider Mächte diesen Hafen und wird das Kommando und die Polizei über denselben von Preußen ausgeübt. Preußen ist berechtigt, sowohl zur Verteidigung der Einfahrt Friedrichsort gegenüber die nötigen Befestigungen anzulegen, als auch auf dem holsteinischen Ufer der Bucht die dem Zwecke des Kriegshafens entsprechenden Marine Etablissements einzurichten. Diese Befestigungen und Etablissements stehen gleichfalls unter preußischem Kommando, und die zu ihrer Besatzung und Bewachung erforderlichen preußischen Marinetruppen und Mannschaften können in Kiel und Umgegend einquartiert werden.

Die hohen kontrahierenden Teile werden in Frankfurt beantragen, Rendsburg zur deutschen Bundesfestung zu erheben....

Art. 4. Während der Dauer der durch Art. 1 der gegenwärtigen Übereinkunft verabredeten Teilung wird die Königl. Preußische Regierung zwei Militärstraßen durch Holstein, die eine von Lübeck auf Kiel, die andere von Hamburg auf Rendsburg behalten. . . .

Art. 7. Preußen ist berechtigt, den anzulegenden Nord-OstseeKanal je nach dem Ergebnis der von der Königl. Regierung eingeleiteten technischen Ermittelungen durch das holsteinische Gebiet zu führen. Insoweit dies der Fall sein wird, soll Preußen das Recht zustehen, die Richtung und die Dimensionen des Kanals zu bestimmen, die zur An

lage erforderlichen Grundstücke im Wege der Expropriation gegen Ersat des Wertes zu erwerben, den Bau zu leiten, die Aufsicht über den Kanal und dessen Instandhaltung zu führen und das Zustimmungsrecht zu allen denselben betreffenden reglementarischen Bestimmungen zu üben.

Seine Majestät der Kaiser von Österreich überläßt die im mehrerwähnten Wiener Friedensvertrage erworbenen Rechte auf das Herzogtum Lauenburg Seiner Majestät dem Könige von Preußen, wogegen die Königl. Preußische Regierung sich verpflichtet, der Kaiserl. Österreichischen Regierung die Summe von zwei Millionen und fünfhunderttausend dänischen Thalern zu entrichten, in Berlin zahlbar in preußischem Silbergelde vier Wochen nach Bestätigung gegenwärtiger Übereinkunft durch Ihre Majestäten den König von Preußen und den Kaiser von Österreich.

Art. 10. Die Ausführung der vorstehend verabredeten Teilung des Kondominiums wird baldmöglichst nach Genehmigung dieses Abkommens durch Ihre Majestäten den König von Preußen und den Kaiser von Österreich beginnen und spätestens bis zum 15. Sept. beendet sein.

Das bis jetzt bestehende gemeinschaftliche Oberkommando wird nach vollendeter Räumung Holsteins durch die königl. preußischen, Schleswigs durch die kaiserl. österreichischen Truppen spätestens am 15. Sept aufgelöst werden.

So geschehen Gastein, am 14. August eintausend achthundert fünfundsechzig.

G. Blome. v. Bismarc.

267.

Preußen und Italien.

3. April 1866.

(Die ital. Regierung beauftragt ihren Gesandten in Berlin, ein Bündnis mit Preußen abzuschließen.*) Aegidi und Klauhold, Das Staatsarchiv, Bd. XII, 65. Hamburg 1861 ff.

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übersehung.)

Herr Minister! . . . Die Regierung des Königs ermächtigt Ew. Herrlichkeit und den General Govone, mit der Regierung Sr. Maj. des Königs von Preußen ein Übereinkommen (accordo) auf folgenden Grundlagen abzuschließen:

Die beiden Souveräne, von dem Wunsche beseelt, die Bürgschaften des allgemeinen Friedens zu befestigen, indem sie den Bedürfnissen und gerechten Bestrebungen ihrer Nationen Rechnung tragen, würden ein Bündnis abschließen, das zum Zweck hätte: 1) entstehenden Falles durch

*) Der Abschluß desselben kam am 8. April zustande.

Waffengewalt die Vorschläge aufrecht zu halten, welche von Sr. Preußischen Majestät bezüglich der Reform der Bundesverfassung in einem den Bedürfnissen der Nation entsprechenden Sinne gemacht worden sind; 2) die Cession der Österreich unterworfenen italienischen Gebiete an das Königreich zu erwirken.

Piemont begann 1859 das Werk der Befreiung der italienischen Erde mit dem edlen Beistande Frankreichs. Wir wünschen, daß dieses Werk in nicht zu ferner Zukunft von Italien vollendet werde, vielleicht in einem Unabhängigkeitskriege, der an der Seite derjenigen Macht ge= kämpft würde, welche die Zukunft des deutschen Volkes vertritt, im Namen eines identischen Nationalitäts-Prinzips. Unter den Lösungen, welche, zumal in diesen letzten Zeiten, für die venetianische Frage vorgeschlagen wurden, würde diese besser, als jede andere uns gestatten, in der Logik unserer politischen und internationalen Situation zu verbleiben und unsere natürlichen Allianzen, auch die entferntesten, zu wahren.

Wir werden überdies erfreut sein, Preußen im Widerstand gegen die Plane des österreichischen Kaisertums zu unterstüßen, indem dasselbe sich entschieden an die Spitze der deutschen Nationalpartei stellt, jenes Parlament einberuft, das seit so vielen Jahren Gegenstand der Wünsche der Nation war, und für Deutschland, so wie es in Italien geschah, den Fortschritt der freisinnigen Institutionen mittels Ausschließung Osterreichs sichert..

La Marmora.

268.

Preußens Widerspruch gegen die Entscheidung der Schleswig-holsteinischen Frage durch den Bund. Bundesversammlung, 22. Sizung, am 9. Juni 1866.

(Aegidi und Klauhold, Das Staatsarchiv, Bd. XI, S. 82 ff.)

Der Gesandte ist angewiesen, die Insinuation der Kaiserlich-Österreichischen Regierung, als ob Preußen die Annexion der Elbherzogtümer mit Gewalt habe durchführen wollen, wiederholt als wahrheitswidrig zurückzuweisen.

Der Gesandte hat in Bezug auf die Eröffnung, durch welche Österreich die ganze schleswig-Holsteinische Angelegenheit den Entschließungen des Bundes anheimgestellt und diesen von seiten Österreichs die bereit willigste Anerkennung zugesichert hat, die Erklärung abzugeben, daß seine Regierung diesen Akt des Kaiserl. Hofes weder mit den zwischen den beiden Mächten bestehenden Verträgen, noch mit der Kompetenz des Bundes in Einklang bringen kann.

Die Beziehungen Preußens und Österreichs zu einander in der schleswig-Holsteinischen Angelegenheit sind von Anbeginn derselben durch

bestimmte Vereinbarungen geregelt worden. Als im Januar 1864 die beiden Mächte in die Lage kamen, die Wahrung der Rechte der Herzogtümer selbständig in die Hand zu nehmen, wurde am 16. des gedachten Monats eine Konvention zwischen denselben geschlossen, welche zunächst in transitorischen Bestimmungen die unmittelbar zu treffenden Maßregeln ordnet, zugleich aber auch den Fall ins Auge faßt, daß die Entwickelung der Ereignisse die beiden deutschen Mächte von früheren Verträgen lösen sollte. In dieser Beziehung enthält die Konvention im § 5 den folgenden flaren und unzweideutigen Passus, welcher die vertragsmäßige Grundlage aller späteren Beziehungen zwischen Preußen und Österreich geblieben ist:

"Für den Fall, daß es zu Feindseligkeiten in Schleswig käme und also die zwischen den deutschen Mächten und Dänemark bestehenden Vertragsverhältnisse hinfällig würden, behalten die Höfe von Preußen und Österreich sich vor, die fünftigen Verhältnisse der Herzogtümer nur im gegenseitigen Einverständnis festzustellen. Zur Erzielung dieses Einverständnisses würden sie eintretenden Falles die sachgemäßen weiteren Abreden treffen. Sie werden jedenfalls die Frage über die Erbfolge in den Herzogtümern nicht anders als im gemeinsamen Einverständnisse entscheiden."

Entsprechend dieser von den beiden Mächten eingenommenen Stellung wurden im Wiener Frieden vom 30. Okt. desselben Jahres die Rechte des von ihnen anerkannten Königs Christian des IX. an Preußen und Österreich abgetreten und das gemeinsame Verfügungsrecht beider Mächte über die Herzogtümer anerkannt.

Ein Ausfluß dieses Verfügungsrechtes war die in Gastein am 14. Aug. v. J. abgeschlossene Konvention, worin die Ausübung der durch jenen Frieden erworbenen Rechte geographisch geteilt, die Souveränitätsrechte aber für beide Herzogtümer beiden Monarchen gemeinschaftlich vorbehalten und dadurch dem Prinzip, daß über dieselben nur durch gemeinsames Einverständnis entschieden und verfügt werden könne, eine neue Sanktion erteilt wurde.

Diesen Vereinbarungen widerspricht die Kaiserl. Österreichische Regierung, indem sie, ohne vorher sich des Einverständnisses Preußens versichert zu haben, mit der ausdrücklichen Erklärung, daß sie auf dieses Einverständnis verzichte, die ganze Angelegenheit zur Verfügung des deutschen Bundes stellt und sich der Entscheidung desselben zu unterwerfen verspricht.1

Die Königl. Regierung nimmt keinen Anstand zu erklären, daß sie weit davon entfernt ist, die Angelegenheit der Herzogtümer, welche auch sie vermöge Verbindung Holsteins mit Schleswig als eine nationale betrachtet, anders als im Sinne dieser ihrer Auffassung lösen zu wollen. Sie hat es schon in einer nach Wien gerichteten Depesche vom 7. v. M., welche der Gesandte der hohen Bundesversammlung vorzulegen die Ehre hat, ausgesprochen, daß sie die schleswig-Holsteinische Angelegenheit in

1 Diese Erklärung Österreichs wurde am 1. Juni im Bundestage abgegeben. 2 Vgl. Aegidi Nr. 2274.

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