Page images
PDF
EPUB

macht gegen Herrschaftswechsel gleichgültig; Grundeigentum macht streitfühn zur Verteidigung. Es ist des Hausbewohners Kampf gegen den Einbrecher. Die Möglichkeit muß jeder vor sich sehn, Grundeigentum zu erwerben, und noch im Leben, nicht erst im Tode, wo die Erde doch ein Grab hergeben muß. Bürgerfreiheit macht gesund, froh und glücklich. . . . Der Schweiß des Fröhners ist Fluch, der Schweiß des Freien ist Segen; Freiheit hat Einöden belebt, Knechtschaft Luftgefilde verödet.

C.

Reichstage.

Stände sind nun einmal in der Welt und bleiben und machen das Warum sollten sie nun auch nicht in einer wohlgetroffenen Auslese das ganze Volk stellvertretend vorstellen und durch Erwählte vertreten können? „Jeder weiß am besten, wo, wie und wann ihn der Schuh drückt." Jeder Stand wird sein Bestes am besten kennen und seine Besten, die das Gemeinwohl wahrschauen mögen. Und alle Stände vereint, werden doch wohl das Gemeinsame daraus auszumitteln imstande sein? werden doch leicht einsehen können, was das Allwohl heischt? Und von wem darf der Staat am besten Rat und That erwarten, als von denen, die mit ihm stehen und fallen?

Die Reichsversammlung der Stände muß eine Sprechgemeinde (Parlament) sein, nicht eine Taubstummanstalt von Jaherren und Beifallnickern; nicht eine Versammlung von Gutheißern, um dem Übel etwa nur eine leidliche Gestalt zu geben. Kein Volk läßt sich bequemer und ficherer regieren, als das, welches eine festgegründete volkstümliche Verfassung hat. Denn da haben die Guten ein öffentliches gültiges Wort, und diese regieren sich so schon immer von selbst und sind im Stillen Mitregierer; ohne sie hat jeder Staat bald ausregiert.

d. Landwehr.

Nur im vaterländischen Schutzkrieg, in der Landwehr allein kann der Mensch mit Ehre und Pflicht einstimmig streiten, siegen und fallen. Nur da ist des Kriegers Herz im Einklange mit dem Verstande, ohne erkältet zu sein; es empört sich nicht wider die Vernunft und hat doch Leben; es brennt fürs Große und glüht fürs Gute und wird nicht von außen her eingegeistert, sondern von innen kommt die Begeisterung. ... Der Eroberungskrieg ist ein ganz ander Ding, als ein Kampf auf Leben und Tod fürs Vaterland. Ja, wer die Welt durcherobert hat und alle Soldatenheere geworfen, endlich wider ein Volk heraufzieht, das die Landwehr versteht, muß, wenn er auch Obermeister in Soldatenkriegen ist, hier als Lehrling seine Kriegsschule von neuem anfangen. . . .

Der Feldherr eines Soldatenheers, ja der Kriegesfürst eines Soldatenvolks hat eine gegebene, im Reiche der Wirklichkeit gegründete, aber doch immer zu berechnende Macht; aber der Heerführer des Heerbanns oder der zum Schutzkrieg ausziehenden Krieger gebietet über die sämtlichen, nie zu berechnenden Kräfte der gesamten leiblichen, geistigen und sittlichen Natur des Menschen. . . . Landwehr ist die hehre Rettungskunst, die das grause Handwerk der Weltstürmer zunichte macht. ...

206.

Arndt über Napoleon.

1807.

(Arndt, Geist der Zeit, S. 278 ff. 4. Aufl., Altona 1861.)

Bonaparte fing als ein kleiner Soldat an; der Feldherr hat den Kaiser gemacht. Er hat seinen Anfang und seine erste Kunst nicht vergessen, und dies ist auch die einzige, welche er recht versteht. Alles hat er dem bethörten Volke genommen und leichte Scheinbilder dafür gegeben, deren Gaukelei einst erscheinen und ihn verderben könnte; durch einen großen Schein beherrscht er es sicher. Von Freiheit, von Gerechtigkeit, von Volkstugenden durfte bei dem neuen System nichts verlauten; was blieb übrig? Die Siege und die Tapferkeit der Nation, Klänge, wodurch die blutigsten Wüteriche oft geherrscht und die Welt zerstört haben. Man hatte einst die Eroberungskriege verrufen und sich ewige Grenzen gesetzt - wie lange vergessen! Die große Nation, der Glanz, die Macht der großen Nation, ihre Großmut gegen das besiegte Europa: dies sind die Zauberflänge! Auf den Krieg, auf die Waffen, auf die Ehre des Soldaten weist er alles hin, nach dem Maß dieser ersten Kunst werden alle anderen Künste gewürdigt. Neue Einrichtungen, welche die Revolution in ihrer Bedrängnis gebar, das furchtbare Mittel der allgemeinen Bewaffnung, die Konskription, die unzähligen Heere: dies behält auch der Monarch bei, und durch neue Überziehungen und Mißhandlungen der Fremden, durch neue Einverleibung von Provinzen läßt er die Eitelkeit aufrechnen für das Glück, was nicht da ist. Die Heere und die Menge seiner Trabanten und Knechte aller Art geben einen jährlichen Staat der Ausgaben, der gegen das Übertriebenste unter den vorigen Regierungen unerhört ist; die Senatorerien, die Ländereien der Ehrenlegion sind eine Art Lehen, die das Feudalwesen allmählich wieder einführen werden, dessen Vernichtung allein einen langen Kampf wert war. Endlich schreckt er die Beweglichkeit des Volks durch Schrecken, die nichtig sind, durch Haß gegen England, der etwas Wirkliches ist, und treibt sie in einem Taumel rund, der es unter ihm glänzend und elend, unter seinen Nachfolgern vielleicht zu nichts macht. Das Wirklichedle und Schöne gebraucht er nicht bei diesem Volke; er behandelt es gemein durch die wildesten Triebe der menschlichen Natur, zeigt in einem Aufwand und Nepotismus ohne

Grenzen seine ungestrafte Verachtung gegen sie, in einer tyrannischen Willkür seine Gewalt über sie.

[ocr errors]

Ich sage nicht, daß bei Bonaparte alles absichtlich und listig ist. Er würde nie Großes gethan, nie den Purpur angezogen haben, wenn dies wäre; ich sage nicht, daß er der verruchte Bösewicht ist, wozu ihn manche im Haß machen. Er hat geherrscht, wo man diente; geboten, wo man nachgab; seine gewaltige Kraft, oft planvoll, öfter unbewußt, fortgetrieben, wo kein Widerstand war; ja er hat wohl selten mehr gewußt, als er gefühlt hat; und so ist er dahin gekommen, wohin er beim Ausgehen noch nicht sehen konnte. Aber soll man ihn, der selbst einer blinden Macht in ihm folgt, den weisen und sichern Führer nennen; soll man groß nennen, was klein; kühn, was grausam; weise, was hinterlistig ist? Soll man einem Mann, der kein Maß hat, Mäßigung zutrauen? Das Hohe der Menschheit hat er nie gedacht; von der Bildung und dem heiligsten Verhältnis Europens hat er keine Idee; in wilder Natur fährt er dahin, und durch Zufall kann selbst das thöricht werden, was nicht einmal thöricht gemeint ist.

Man kann über den Mann wahrlich noch nicht aburteilen. Er hat noch nie ein würdiges und anhaltendes Gegengewicht gefunden; die Schwachen hat er zertrümmert, wie sie ihm begegneten. Wenn er solches einmal fände und dann bestände

Bonaparte trägt dunkel den Geist der Zeit in sich und wirkt allmächtig durch ihn; ohne Klügelei fühlt er die Fortschwingungen der furchtbaren Revolutionsbewegung und hält sein Volk frisch darin. Zum Krieger ward er geboren, nicht zum Herrscher; er übt sein Talent und wird es üben.

207.

Arndt über das französische Heer.

1807.

(Arndt, Geist der Zeit, S. 295.)

Wer sind denn diese Unüberwindlichen und Unsterblichen, die von sich rühmen, daß sie unbesieglich sind? Seht sie an! Menschen, wie wir andern, überhaupt nicht so stark und rüstig, als der Ungar, Dalmate, Kalabrese, Österreicher und Schwede. Dies sind die Weltsieger, welche Weltherren werden wollen! Sie haben übung, Begeisterung der Ehre, Ruhm, aber keine Tugenden, wodurch Völker edel sind. O, gebt mir die treuen, biedern Völker und laßt einen kräftigen herrlichen Mann auftreten und Leben in sie bringen, einen kühnen Gebieter, der das Gute und Gerechte darstellen und dafür begeistern kann: fester Grund der Menschlichkeit wird windige Ehre zerstäuben, und einmal zerstoben, ist sie wie der Wind zerflogen! Wahrlich, die Menschen sind noch Menschen wie sollten denn die Franzosen fallen!

Man spricht: Die Franzosen sind zu geübt, zu gewandt; kein Volk thut es ihnen in Bewegungen und ihren Feldherren in Künsten und Listen gleich; dadurch werfen und überwinden sie alles." Ich sehe das nicht von allen; und wenn sie leicht sind, so wisset, daß Fechterkünfte in Feldschlachten zerrinnen. Aber ihre Feinde waren bethört und verwirrt; die Feldherren ohne Rat, die Heere ohne Geist, der Glaube, daß die Franzosen alles dies könnten und seien, hatte sie voraus behext. Und ist des Franzosen Element wirklich Leichtigkeit und List; ist der Krieg wirklich so sehr Maschinerie, als die großen Feldherren gestehen, daß er nicht ist: warum greifen die Gegner sie nicht mit dem Element ihrer Kraft an und besiegen sie dadurch? Soll der Ochs mit dem Maul gegen den Wolf fämpfen, weil dieser scharfe Zähne hat? Oder soll der Elephant den Schwanz gebrauchen gegen den Lindwurm? Deutsche Feldherren, kenntet ihr euer Volk! Grade, einfältig, stark und tapfer ist es; Listen und Künste gelingen ihm selten. Warum laßt ihr euch denn darauf ein gegen die Listigen und Gewandten? Ihre List zerrinnt, wie ihr mit dem Vertrauen der Stärke, Treue, Tapferkeit grade drauf geht; wie ihr die Schnellen schneller angreifet, die für das Gaukelbild kleiner Ehre Begeisterten bestürmt, begeistert für Recht und Vaterland. Aber habt ihr nichts als Fäuste, so wisset, durch bloße Fäuste wird diese Welt weder befreit, noch bezwungen.

208.

Preußisches Edikt, den erleichterten Besik und den freien Gebrauch des Grundeigentums, sowie die persönlichen Verhältnisse der Landbewohner betreffend.

9. Oktober 1807.

(Pers, Das Leben des Ministers Freiherrn vom Stein, II, 23. Berlin 1850.)

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c. 2c. Thun fund und fügen hiermit zu wissen. Nach eingetretenem Frieden hat Uns die Vorsorge für den gesunkenen Wohlstand Unserer getreuen Unterthanen, dessen baldigste Wiederherstellung und möglichste Erhöhung vor allem beschäftigt. Wir haben hierbei erwogen, daß es bei der all gemeinen Not die uns zu Gebote stehenden Mittel übersteige, jedem einzelnen Hülfe zu verschaffen, ohne den Zweck erfüllen zu können, und daß es ebensowohl den unerläßlichen Forderungen der Gerechtigkeit, als den Grundsäßen einer wohlgeordneten Staatswirtschaft gemäß sei, alles zu entfernen, was den einzelnen bisher hinderte, den Wohlstand zu erlangen, den er nach dem Maß seiner Kräfte zu erreichen fähig war. Wir haben ferner erwogen, daß die vorhandenen Beschränkungen teils in Besitz und Genuß des Grundeigentums, teils in den persönlichen Verhältnissen des

Landarbeiters Unserer wohlwollenden Absicht vorzüglich entgegen wirken und der Wiederherstellung der Kultur eine große Kraft seiner Thätigkeit entziehen, jene, indem sie auf den Wert des Grundeigentums und den Kredit des Grundbesizers einen höchst schädlichen Einfluß haben; diese, indem sie den Wert der Arbeit verringern. Wir wollen daher beides auf diejenigen Schranken zurückführen, welche das gemeinsame Wohl nötig macht, und verordnen daher folgendes:

§. 1. Freiheit des Güterverkehrs.

Jeder Einwohner Unserer Staaten ist ohne alle Einschränkung in Beziehung auf den Staat zum eigentümlichen und Pfandbesitz unbeweg= licher Grundstücke aller Art berechtigt; der Edelmann also zum Besitz nicht bloß adeliger, sondern auch unadeliger, bürgerlicher und bäuerlicher Güter aller Art, und der Bürger und Bauer zum Besitz nicht bloß bürgerlicher, bäuerlicher und anderer unadeliger, sondern auch adeliger Grundstücke, ohne daß der eine oder der andere zu irgend einem Gütererwerb einer besonderen Erlaubnis bedarf, wenngleich, nach wie vor, jede Besitzveränderung den Behörden angezeigt werden muß. Alle Vorzüge, welche bei Gütererbschaften der adlige vor dem bürgerlichen Erben hatte, und die bisher durch den persönlichen Stand des Besitzers begründete Einschränkung und Suspension gewisser gutsherrlichen Rechte fallen gänzlich weg. . . .

§. 2. Freie Wahl des Gewerbes.

Jeder Edelmann ist ohne jeden Nachteil seines Standes befugt, bürgerliche Gewerbe zu treiben; und jeder Bürger oder Bauer ist berechtigt, aus dem Bauer in den Bürger- und aus dem Bürger- in den Bauerstand zu treten.

Aufhebung der Erbunterthänigkeit.

§. 10. Nach dem Datum dieser Verordnung entsteht fernerhin kein Unterthänigkeitsverhältnis, weder durch Geburt, noch durch Heirat, noch durch Übernehmung einer unterthänigen Stelle, noch durch Vertrag.

§. 11. Mit der Publikation der gegenwärtigen Verordnung hört das bisherige Unterthänigkeitsverhältnis derjenigen Unterthanen und ihrer Weiber und Kinder, welche ihre Bauerngüter erblich, oder eigentümlich, oder erbzinsweise, oder erbpächtlich besitzen, wechselseitig gänzlich auf.

§. 12.

Mit dem Martinitage ein tausend acht hundert und zehn hört alle Gutsunterthänigkeit in Unsern sämtlichen Staaten auf. Nach dem Martinitage 1810 gibt es nur freie Leute, so wie solches auf den Domänen in allen Unsern Provinzen schon der Fall ist, bei denen aber, wie sich von selbst versteht, alle Verbindlichkeiten, die ihnen als freien Leuten vermöge des Besizes eines Grundstücks, oder vermöge eines besonderen Vertrages obliegen, in Kraft bleiben.

« PreviousContinue »