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13.

Aus der Rede des päpflichen Gesandten Hieronymus Aleander gegen Dr. Luther auf dem Reichstage zu

Worms.1

1521.

(Förstemann, Neues Urkundenb. zur Gesch. der evang. Kirchenreformation, Bd. 1 (einziger), S. 31 ff. Hamburg 1842.)

Allgrosmechtigster, unuberwindtlichster keyßer! Wie vil boßes und ubels Martini Luthers auffrur und erweckte emporung dem cristlichen volcke bisdoher eingefurt, was schadens auch dieselben tegelich brengen und einfhuren werden, ist offentlich am taghe. Darumb were es hogher2 und meher von nothenn, das dieselbighe faccion und auffrur zum fürderlichsten ausgelescht, dan lengher dormite solthe vorczoghen werden.

Dan wie die beemen3 unther dem namen und gestalt des ewangelij hievor allen gehorsam und ordenung unthergedruckt und opprimirt haben, Alzo auch untherstehet sich martinus Luther mit seynen helffern und anhengeren, alle macht der recht und keyserlichen gesetze, auch aller oberigheyt umbzcustossen und umbzcukeren.

Derhalben ßo ist, allergrosmechtigster keyser, zcu thun, wie die erfarne arczte thun, ad antidotum zcum furderlichsten zcuflucht zcu habenn; und ab hievor etwas seumlich untherlaßen, ßo muß man izundt furderlicher darzcu thun. Dan ßo dis ubell und martini Luthers handellungen tiefer einworczelen, ßo wurde der gancze christenliche orden eyn mistalt und mackell dorvon entpfahen und contrahiren. Derwegen hadt der heiligste vater, der babst, wie ein erfarner arczt, dem es auch aus erfordern seyner heiligheit ampts anders nicht hadt geburen wollen, gethan und den wunden und krancheyten pflaster, malagmata® und guthe antidota bereyth, das reudige schaff martinum Lutherum aus dem haufen zcu scheiden. .

Dan ob er wol bey der waylen spruche aus der schrifft, seyne keczerische meynung dormit zcu becrefftigen, ßo fhurt er die doch alweghe in eynem andern vorstandt, dann die heilighe veter dorauff gegeben und die heilighe mutter der cristenheyts angenommen, recipirt und gehalten hadt. Es ist der keczer weyße, das sy ire falsche leren mit der schrifft beweren wollen. Dan der teufell kan den menschen nicht baß, dan ünther der gestalt eynes guthen et sub specie boni betrueghen; alzo thun die keczer auch...

Zcu leczst seindt eczliche, die saghen und wollen rathen, das man martinum Luther horen und dorzcu gelaithen solle, dan sust wolt es eyn auffstehen im volke geberen. Allergrosmechtigster keyser, wy sal man doch ennen solchen hören, der offentlich protestirt, das er sich nicht wolle weyßen lagen und wan Im gleich die engell vom hymmell anders sagten; der auch in seynen schrifften ßagt, er begher es, das er excommunicirt werde. Dan

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1 aus d. Lat. übersetzt vom Kanzler Brück. 2 höher. 3 Böhmen. 4 würde. Miggestaltung. 6 Malagma erweichender, lindernder Umschlag. zuweilen. 9 ihm sicheres Geleit zusagen solle.

* d. i. die Kirche.

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het er sich wollen horen und weyßen laßen, ßo were er pillich zcu bebstlicher heyligheyt, von dem er mit anbietung eyns sicheren glaiths lauths der Bullen gefordert, erschienen und hette sich do horen lassen, welchs bebstliche heyligheyt als eyn milder vater gerne gesehen het.

Sult dan der babst die sache eczlichen prelaten ader andern gelarten in teuczschen landen committiren und befelen, ßo mocht Martino Luther leichte etwas erkant werden, das Im nicht gefiele. Szo sprech er abermals, Im were unrecht geschehen, und welt appelliren, und wo Jm dasselbighe nicht vorgunst, 10 wurde er gleichwol, wie ist, das vold bewegen und alzo das leczt erger werden, dan das hrste gewest. . . .

Derhalben wollen eur keyserliche Mt., churfursten, fursten und stende zcum furderlichsten die handt anlegen und im reiche gepiethen, Martini Luthers bucher alle, nachdem er der bullen ungehorsam gewest, zcuvorprennen, und mit cynem gemeynen edicto ordinem seczenn und schaffen, das seyn bucher hinfurder nicht getruckt, gekaufft ader verkaufft werden. ...

14.

Luthers Rede auf dem Reichstage zu Worms.

18. April 1521.

(Förstemann a. a. D. I, 69 ff.)

Allerdurchleuchtigster, Grosmechtigster keyser! Durchleuchtigste Fursten, Gnedigste und gnedige Hern! Auf den termyn und bedenckzceit, mir des gestrigen abents angestelt und ernenneth, erscheyn ich als der gehorsam und bitt durch die barmherzickeit Gottes, Eur kay. Maiestat und gnaden geruen, als ich hoff, dise sachen der gerechtickeit und warheit gnediglich anzuhoren. Und so ich von wegen meiner unerfarung Jemants entweder sein geburende titel nit geben wurd, oder aber mit aynigen geperden und weise wider die hofliche siten handeln, mir solchs gnediglich zuverczeihen als einem, der nicht an furstlichen hofen erzogen, sondern in munchßwinckeln aufkommen und erwachssen; Welcher ich von mir nichts anders antzeigen kan, dan das ich bisher mit solcher aynfalt des gemüts geschriben und gelert habe, das ich auch auf erden nichts anders dan Gottes ere und die unentgengt" unterweisung der Cristglaubigen gesucht habe.

Allergnedigster keyser, Gnedigste und gnedige Churfursten, Fursten und Hern! Auf die zwen artickeln, gestern von Eur fay. Mayt. und Eurn Gnaden mir furgelegt, Als nemlich, ob ich die erzelte buchlein und in meinem namen außgangen fur die meynen befente und dieselben zuvertreten beharren wolt, oder aber dieselben widerruffen, darauf ich mein beraytt und clar antwort geben hab auf den ersten artickel, darauf ich nochmals bestee und ewiglich besteen wil, Als nemlich, das die selben bucher mein seint, und das sie in meinem namen an tag geben seint; Es hett sich dann

10 vergünstigt, gewährt würde.
1 nicht unvollständig, richtig.

mitler Zceit begeben, das durch meiner mysßgunstigen entweder betrieg, oder aber unfuglich weysßheit etwas darinn verandert oder verkerlich außgezogen were. Dann ich bekenn mich zu nichten andern, dan das mein allein, oder aber von mir allein geschrieben ist on alle aller andern sorgfeldickeit, außlegung und deutung.

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Weil ich aber auf den andern artickel antwort geben soll, bitt Eur kay. Mayt. und gnaden ich unterteniglich, sie wollen ein vleissigs aufachten haben, das meine bucher nicht aynerley art seint. Dann es seint etliche, in welchen ich die gute des glaubens und der siten so Ewangelisch und schlechtlich gehandelt hab, das auch mein widerwertigen mussen bekennen fur nutzbar und unschedlich und allenthalben wirdig, das sie von Cristlichen leuten gelesen werden. Es macht auch die Bull, wiewol sust an Ir schwind und grymmig, etliche meiner bucher unschedlich, wiewol sie auch dieselben durch ein widernaturlich urteyl verdammeth. Wenn ich nu dieselben anhube zu widerruffen, was thet ich anders, dann das ich allein under allen menschen die warheyt verdammeth, welche die freund und feyndt zugleich bekennen, und ich allein der gemeynen und eintrechtigen Bekentnuß wider und entgegen were?

Die ander art meyner bucher ist, so wider die Babstumb und der Bebstischen furnemen und handlung geeth als wider die, so mit iren allerbesten leren und exempeln die Cristlich welt mit beden ubeln des geists und leibs vorhert, vorwusteth und vorderbt haben. Dan disß mag nyemants wider vorneynen, noch vorhelen, weyl die erfarung aller menschen und die clag aller meniglich gezeugen seint, das durch die gesetz des Babsts und lere der menschen die gewissen der Cristglaubigen aufs aller jemmerlichst gefangen, beschwert, gemartert und gepeynigt seint, auch die guter und habe, bevor in diser hochrumlichen Teutschen nation, durch unglaubliche tyranney vorschlunden und erschopfft, und nochmals on ende vorschlunden werden; und unbillicher weise und mit Iren angen decreten und gesetzen verordnen und aussethun, als in der neunden und der funff und zweinßigsten der ersten und andern question, das des Babsts gesetz und lere dem Ewangelion oder der heiligen Better meynung entgegen fur irrige und entwichte gehalten werden sollen. Wenn ich nu dieselben auch widerruffen wurd, so wurd ich nichts anders thun, dann dise tyranney stercken und seinem so grossen uncristlichen wesen nicht allein die fenster, sondern thur aufthun, die weyter und freyer toben und schaden wurd, dann sie sich bisher je hat durfen untersteen; und wirt durch das gezeugnusß dieses meynes widerspruchs das Reich Frer allerfrechsten und allervorstrefflichsten bosheyt dem armen elenden Folck aufs allerunleydlichst werden und dennoch bestetigt und bevesteth werden, zuvor 10 wenn man sagen wurd, das disß aus macht und geschefft Eur kay. Mayt. und des ganzen Ro. Reichs gescheen sey. Mein lieber Gott, wie ein groß schandtdeckel der bosheyt und tyranney wurd ich seyn.

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Die dritt art ist der bucher, welche ich wider etliche sonderliche und ungemeynen personen geschrieben hab, Als nemlich wider die, so sich

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2 schlicht, einfach. 3 erklärt. 4 rücksichtslos. 5 weder. 6 noch jetzt. ver: derbte. würde. 9 strafbarsten. 10 besonders. 11 in Spalatins Annalen heißt es: wider etliche Privat- u. einzelne Personen.

unterwunden haben, die Romische tyranney zu beschußen und den Gotlichen dienst, so ich gelernt, 12 zuvortylgen. wider dieselben befenn ich mich hefftiger gewest sein, dann dem Cristlichen wesen und standt geczimt. Dann ich mach mich nicht zu einem heiligen. Ich disputir auch nicht von meinem leben, sonder von der ler Christi. Ich kan dieselben bucher auch nicht widerruffen, Darumb das auß demselben meinem widerspruch er folgen wurd, das ir tyrannisch, grymmig und wutterlich 13 regiment durch mein schutz, handthabung und ruckhaltung regiren und herschen wurden, und das Fold Gottes ungutlich und unbarmherziglich handeln wurden und vil geschwinder, dann sie bisher regirt und geherscht haben. Aber wie dem, weil ich ein Mensch und nicht Gott bin, so mag ich meine buchlen durch feyn andere handthabung erhalten, dann mein Herr Jhesus Christus sein selbst ler unterhalten hat, welcher, als er vör Annas von seiner ler gefragt und vom diener an eym backen geslagen war, sagt er: „Hab ich ubel geredt, so gib mir gezeugnuß von dem ubel." weil der Her selbst, der do gewust hat, das er nicht kunt irren, sich dennoch nicht gewengert hat, anzuhoren gezeugnuß wider sein lere auch von dem allerschnodesten fnecht: wievil mehr ich hefen, die nichts anders vermag, dann irren, sol begern und erwarten, so mir Jemandts gezeugnusß wolt geben wider mein lere.

[Nach diser red hat des Reichs redner eynlich 15 eynem, der eyn straffen wolt, gesagt, das ich 16 nicht ein bequeme antwort geben hett. És geburt sich nicht, auch dovon zu disputiren, das in vortzeiten in den Concilien verdammeth und beschlossen were. Derhalben wurd von mir begert ein schlechte und unverwirrte antwort, Ob ich ein widerspruch wolt thun oder aber nicht. Darauf ich gesagt hab:]

weyl dann Eur kay. Mayt. und Gnaden ein slechte antwort begern, so will ich eyn unstössige und unpeyssige antwort geben disser massen: Es seh dann, das ich durch gezeugnuß der schrifft überwunden werd oder aber durch schehnlich 17 ursachen (dann ich glaub wider dem Babst, noch den Concilien allein, weil es am tag ist, das dieselben zu mermaln geirrt und wider sich selbs geredt haben) uberwunden werd. Ich bin uberwunden durch die schrifften, so von mir gefurt, und gefangen im gewissen an dem wort Gottes, derhalben ich nichts mag, noch will widerruffen, weil wider das gewissen zu handeln beschwerlich, unheilsam und ferlich ist. Gott helff mir, Amen. is

12 gelehrt. 13 Adjektiv zu Wüterich. 14 heimtückischer, rücksichtsloser. 15 ähnlich. 16 Luther. 17 helle, flare. is Nach einem anderen Drucke (Zw. Bibl. XX, VIII, 35), der im wesentlichen mit obigem übereinstimmt, lautet der Schluß: „Ich kan nicht anderst, hie stehe ich, Gott helff mir, Amen.“

15.

Das Wormser Edikt.

8. Mai 1521.1

(Nach einem von Luther veranstalteten Druck v. J. 1524: „Zwey Keyserliche vneynige vnd wydderwertige gepott den Luther betreffend." Zw. Bibl. XX, VIII, 35.)

Nachdem das Edikt in ausführlicher Weise dargelegt hat, in welchen Punkten Luther von der Lehre der römischen Kirche abweicht, und nachdem der Versuche gedacht worden ist, ihn zu bekehren, heißt es darin weiter:

Wenn sich nu die sachen der massen verlauffen hat, und Martin Luther also ganz verstocket und verkerlich ynn seynen offenbaren keterischen opinionen verharret und dadurch von allen den, die Gottes forcht und vernunfft haben, unsynnig, odder das er mit dem bösen geyst besessen were, geacht und gehalden wirdet, haben wyr yhn lauts unsers geleyts auff den funff und zwentigsten tag des Monds Aprilis negst verschynen von stund von unserm angesichte hyn weg zyhen lassen und yhm wydderumb eynen herolt zugeordent, also das er von dem selben funff und zwentigsten tage Aprilis an zu rechen zwentig tage die nehisten her nach volgend unser frey sicher geleht haben, und dasselbige unser geleyt nach verscheynunge solcher zwentig tage aus seyn und yhn nicht lenger vertragen soll, und zu lezt darauff zu fuglichen remedien widder diese schwere gifftige sucht zu procedieren, wie hernach volget.

Am ersten ... wöllen (wir), das yhr samptlich und sonderlich (nämlich Fürsten, Stände und Unterthanen) nach verscheynunge der obberürten zwengig tage, die sich auff den vierzehenden tage diss gegenwertigen Monds May enden, den vorgemelten Luther nicht hauset, höffet, esset, trencket, noch enthalltet, noch yhm widder mit wortten, noch wercken, heymlich, noch offentlich keynerley hülffe, beystand, noch furschub beweyset, Sonder wo yr yhn als denn ankommen und betretten und des mechtig seyn möcht, yhn gefencklich annemet und uns wolbewardt zusendet, odder das zu thun bestellet, odder uns das zum wenigsten (so er zu handen bracht wirdet) unverzöglich verkündet und anzeyget. . . . Vnd yhr umb solch heylig werck, auch eure mühe und kosten zimlich ergetzlicheyt empffahen werdet. Aber gegen seynen mitverwanten anhengern, enthalltern, furschiebern, gönnern und nachfolgern und der selben beweglich und unbeweglich güter follet yhr ynn krafft der heyligen Constitution und unser und des Reichs acht und aberacht disser weys handeln, Nemlich Sie nyederwerffen und fahen und hhre güter zu eurn handen nemen und die yun euren nutz wenden und behallten on meniglichs verhinderung, es sey denn, das sie durch glaublichen scheyn anzeygen, das sie dissen weg verlassen und Bäpstliche absolution verlangt haben.

Ferrer gepieten wyr auch allen und euer ydem ynn sonderheyt bey den vorgeschrieben peenen, das euer keyner des obgenanten Martin Luthers schrifften, von unserm heyligen vater Bapst, wye oben steht, vordampt,

1 publiziert am 26. Mai. 2 da. 3 Unterhalt gewährt.

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