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118.

Aus der Instruktion für den Erzieher*) des Kurprinzen Friedrich Wilhelm von Brandenburg. 1. Jan. 1695.

(Förster, Friedr. Wilh. I., König v. Preußen, I, S. 79. ff. Potsdam 1834/35.)

. . Was nun die arth der erziehunge an sich selber betrift, so ist zwar unmöglich, selbige wegen ihrer étendue in gewisse säte und reguln zu fassen, indeme sich dieselbe über des Churprinzen gange Persohn und alle sein thuen und Wesen erstrecket, daher Wir dieselbe fürnemblich des Oberhoffmeistern Uns bekandten prudence und dexteritaet überlassen und anheimbstellen; jedennoch haben Wir guth gefunden, einige grundreguln, wornach das übrige kann gefasset und eingerichtet werden, zu berühren und vorzuschreiben.

Vor allen Dingen wird dahin zu sehen sein, daß das gemüthe, worauß alle menschliche Handlungen herfliessen, dergestalth formiret werde, daß es von der ersten Jugend an eine Lust und Hochachtunge zur tugend, hergegen einen abscheu und eckel vor die Laster bekomme.

Hierzue kann nichtes mehr helffen, als daß die wahre Gottesfurcht bei Zeithen in das junge Hertz dergestalth eingepräget werde, daß Sie Wurzel fasst und im ganzen Leben, auch zue der Zeith, wann keine direction oder aufsicht mehr stath hatt, ihre Früchte hervorbringe. Insonderheit muß der Churprinz von der Majestät und Almacht Gottes wohl und dergestalth informiret werden, daß ihm allezeith eine heylige furcht und veneration vor Gott und dessen gebothen beywohne: dann dieses ist das einzige mittel, die von menschlichen gesetzen und straffen befreyete souveraine Macht in den schrancken der gebühr zu erhalten. Und gleich wie andere Menschen durch belohnungen und straffen der höchsten Obrigkeit vom bösen ab und zum guthen angeführet werden, also muß solches alleine die furcht Gottes bey grossen fürsten, über welche kein menschliches gerichte straffe oder belohnunge erkennet, aufwecken. Und geschiehet solches, wann Sie von der Majestät und gerechtigkeit Gottes wohl persuadiret seyn, und daß, ob Sie gleich über alle Menschen, dennoch Gott über Sie, und Sie vor demselben nur staub und asche seynd, vor welchem sie auch dermaleinst von ihrer Regierunge, ja auch vor jedem unnüßen Worthe ebenso wohl werden rechenschaft geben müssen, als der geringste ihrer Unterthanen. Und damit der Churpring solches desto leichter und besser fassen möge, kann man Jhme die exempel derjenigen Könige und Fürsten, welche Gott wegen ihrer frömmigkeit und Gottesfurcht mit einer glücklichen Regierunge gesegnet und groß gemachet,

*) Grafen Dohna. Diese Instruktion stimmt in ihren Hauptzügen mit der französ. Denkschrift Leibnizens überein: „Plan zur Erziehung eines Prinzen." L. stand in regem Verkehr mit der Mutter des Kurprinzen. (Vgl. „Die Erziehung Friedrichs d. Gr." Aus dem Nachlaß von E. Bratuschek herausg. von E. Mäßner. Berlin 1885.)

wie auch im gegentheil die exempel deren, welche durch absetzungen von Gott und eine lasterhafte conduite sich und ihre Lande in alles unglück gestürzet, unnachlässig vorhalthen; gestalth solcher exempel sowohl die heyl. Schrift, alß auch die Weltliche Geschichte bücher voll seynd..

Und weil die veneration und der gehorsamb, so Kinder ihren Elthern schuldigk seyn, auch zur pietaet gehören, so hatt der Ober-Hoffmeister dem Churprinzen in Zeithen beyzubringen, was Er Uns vor respect und submission in allen Dingen, und insonderheit bei demjenigen, was Wir verordnen und befehlen, schuldigk seyn und wie eifferig Er sich be= mühen müsse, Uns in allen seinem thuen zu gefallen, und hengegen alles zu meiden, so Uns mißfallen könthe, Wie Er dann auch gleich mässige difference und submission Seiner frau Mutter, Unserer hertzgeliebten Gemahlinne Ld. zu erweisen hatt.

Nechst der Gottesfurcht ist nichtes, daß ein fürstliches gemüthe mehr zum guthen antreiben und vom bösen abhalthen kann, alß die wahre Gloire und Begierde zue ruhmb und ehre. Nicht daß dardurch ein aufgeblasener stoltz und Hochmuth, welcher sich in den fürstlichen Pallästen ohne deme gahr zue leichte einschleichet und durch die Höfflinge und flatteurs vermehret wird, verstanden werde, sondern vielemehr eine ruhmbliche Begierde, durch eine tugendhafte conduite lob und liebe alhier im leben und einen ewigen nachrühmb nach dem Tode zu erwecken. Daher dann dem Churprinzen unnachlässig beyzubringen, daß nichtes schwerer, als die tugend, welche eher ruhmb und auctoritaet giebet, und nichtes schändlicher, als die laster, wovon man nuhr schaden, schamb und Verachtunge einärndtet; und daß dannenhero fürnemblich nach einer guthen renommée zu trachten, und ein Print erst den ruhmb, daß Er ein Honnête Homme ist, erwerben müsse, ehe Ihm der andere, daß Er ein grosser und löblicher Fürst, zue Theil werden könne..

119.

Kunst und Wissenschaft unter der Regierung
Friedrichs I.

(Friedrich II., Mémoires pour servir à l'histoire de la maison de Brandebourg, zuerst 1748 veröffentlicht; zulest in den Oeuvres de Frédéric le Grand I, S. 229 ff., herausg. v. der Berliner Akademie unter Leitung von Preuß, 30 Bde. Berlin 1846–57.)

La cour était nombreuse et brillante; les espèces y devenaient abondantes par les subsides étrangers; le luxe parut dans les livrées, les habits, les tables, les équipages et les bâtiments; le Roi eut à son service deux des plus habiles architectes de l'Europe, et un sculpteur, nommé Schlüter,' aussi parfait dans

1 Geb. 1662 in Hamburg, ward 1694 als Hofbildhauer nach Berlin berufen und 1699 zum Hofbaudirektor ernannt, trat 1713 in Peters d. Gr. Dienste und starb 1714 in Petersburg.

son art que l'étaient les premiers.2 Bodt fit la belle porte de Wésel; il donna les dessins du château et de l'arsenal de Berlin; il bâtit la maison de poste au coin du grand pont, et le beau portique du château de Potsdam, trop peu connu des amateurs. Eosander éleva la nouvelle aile du château de Königsberg, et la tour des monnaies, qui fut abattue dans la suite. Schlüter décora l'arsenal de ces trophées et de ces beaux mascarons qui font l'admiration des connaisseurs, et il fit fondre la statue équestre du Grand Electeur, qui passe pour un chef-d'oeuvre.

Les beaux-arts, enfants de l'abondance, commencèrent à fleurir: l'Académie des Peintres, dont Pesne, Werner, Weideman et Leygebe étaient les premiers professeurs, fut fondée; mais il ne sortit de leur école aucun peintre de réputation. Ce qu'il y eut de plus remarquable, et ce qui intéresse le plus les progrès de l'esprit humain, ce fut la fondation de l'Académie royale des Sciences, en 1700. La reine Sophie-Charlotte y contribua le plus: cette princesse avait le génie d'un grand homme et les connaissances d'un savant; elle croyait qu'il n'était pas indigne d'une reine d'estimer un philosophe. On sent bien que ce philosophe dont nous parlons était Leibniz; et comme ceux qui ont reçu du ciel des âmes privilégiées, s'élèvent à l'égal des souverains, elle admit Leibniz dans sa familiarité; elle fit plus, elle le proposa comme seul capable de jeter les fondements de cette nouvelle académie. Leibniz, qui avait plus d'une âme, si j'ose m'exprimer ainsi, était bien digne de présider dans une académie, qu'au besoin il aurait représentée tout seul. Il institua quatre classes, dont l'une de physique et de médecine, l'autre de mathématiques, la troisième de la langue et des antiquités d'Allemagne, et la dernière des langues et des antiquités orientales...

Othon de Guericke fleurissait encore à Magdebourg; c'est le même auquel nous devons l'invention de la pompe pneumatique....

Les universités prospéraient en même temps; Halle et Francfort étaient fournies de savants professeurs: Thomasius, Gundling, Ludewig, Wolff et Stryke' tenaient le premier rang pour la célébrité, et faisaient nombre de disciples. Wolff com

2 Schlüter fut en même temps excellent architecte: c'est lui qui bâtit à Berlin la plus grande partie du château, l'hôtel des postes au coin du grand pont, et la tour des monnaies, qui fut abattue dans la suite. 3 Geb. 1670 in Paris, seit 1700 in preußischen und seit 1728 in kursächs. Diensten, erbaute das Japanische Palais in Dresden, starb das. 1745. 4 Ein Schwede von Geburt, seit 1692 in brandenb. Diensten, bereiste im Auftrage des Kurf. Italien u. Frankreich, wurde Schlüters Nachfolger als Schloßbaudirektor, starb 1729 in kursächs. Diensten als Generallieut. zu Dresden. 5 Charlottenbourg. (Anm. 2 u. 5 von Preuß.) 6 Geb. 1646 in Leipzig, gest. 1716 in Hannover. Thomasius hielt zuerst 1688 in Leipzig Vorlesungen in deutscher Sprache, seit 1694 Prof. der Rechte an der neugegründeten Univ. Halle. Ludewig wurde 1695 Prof. in Halle; er und Gundling (seit 1705 Prof. in Halle) nahmen vornehmlich die Forschung auf dem Gebiet der deutschen Verfassungsgesch. auf. Wolff kam auf Leibnizens Empfehlung 1707 nach Halle.

menta l'ingénieux système de Leibniz sur les monades. . . . Les monades ont mis aux prises les métaphysiciens et les géomètres d'Allemagne, et ils disputent encore sur la divisibilité de la matière.

(Nachdem Friedrich erwähnt hat, daß diese Zeit keinen guten Historiker hervorgebracht hat, fährt er fort:)

Dans cette disette de tout bon ouvrage en prose, le Brandebourg eut un bon poëte; c'était le sieur de Canitz. Il traduisit heureusement quelques épîtres de Boileau; il fit des vers à l'imitation d'Horace, et quelques ouvrages où il est tout à fait original: c'est le Pope de l'Allemagne, le poëte le plus élégant, le plus correct et le moins diffus qui ait fait des vers en notre langue.. Monsieur de Canitz, quoique d'une maison illustre, crut que l'esprit et le talent de la poésie ne dérogeait pas: il le cultiva, comme nous l'avons dit, avec succès; il eut une charge à la cour, et puisa dans l'usage de la bonne compagnie cette politesse et cette aménité qui plaît dans son style.

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120.

Friedrich I. von Preußen und die Leibeigenschaft.1

(Aus einer Relation v. Lubens an Friedrich I. über den Zustand des Landes. Cleve, d. 14. Oft. 1710. Stadelmann, Friedr. Wilhelm I. in seiner Thätigkeit für die Landeskultur Preußens, S. 211 ff. Leipzig 1878.)

Weile an theils Orten die Leibeigenschaft ist und die von Adel solche nicht aufheben, sondern die große Gewalt über Ihre Unterthanen behalten wollen, So nehmen dieselbe solche durch die Schwere Aegyptische Dienste und mit großen und weiten Korn, auch dergleichen Führen, harten Strafen und andern Abgaben dergestalt mit, daß Sie blut arm bleiben und von Ihnen die Contribution2 und Abgaben nicht zu erpressen ist, oder Sie müssen davon gehen; geschiehet dieses, so werden sie wiedergeholet und das übel mit Ihnen ärger gemachet; die Leuthe werden gestrafet, hart tractiret, Ihnen bey Mißwachsen, Zeit oder andern Unglücksfällen, gleichwie Se. Königl. Maj. Dero getreuen Unterthanen widerfahren lassen, Keine remissiones, wo nicht aus der Contribution, so Deroselben, nicht aber dem Edelmann oder Eigenthumbsherrn abgehet, noch unter die Arme gegriffen und wieder aufgeholfen, sondern bis aufs Blut außgesogen. Die Einquartierung und Krieges-Fuhren,

1 Die_preußischen Könige arbeiteten von Friedrich I. ab bis zu Friedrich Wilhelm III. im Interesse der Hebung der Landeskultur ununterbrochen an der Beseitigung der Leibeigenschaft und der milderen Grade der Abhängigkeit der Bauern. Friedrich I. erließ z. B. 1704 und 1705 dahinbezügliche Kabinettsbefehle. Vgl. Stadelmann a. ob. a. D. S. 16. Bossuet verteidigte die Leibeigenschaft, Montesquieu bekämpfte sie; Ludwig XIV. erteilte 1673 die erste Konzession für den Negerhandel. an den Landesherrn. wohl: Mißwachsen-Zeit.

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auch Werbungen ruiniren Sie mit. Der Edelmann will sein geringes Guth nüßen und Sich wohl aufführen, auch andern es gleich machen, und also muß alles übernhaufen gehen, wo Se. Königl. Maj. Landes Väterliche Sorge solches nicht remediret und obige vorgeschlagene media nicht zur Hand nimbt, auch ebenfals durch Unpartheysche Leuthe der von Adel Unterthanen Hofbriefe, welche ihnen wegen der Leibeigenschaft theils aufgedrungen und nicht nach proportion Ihrer Ländereyen und andern Abgaben eingerichtet worden, untersuchen und der Billigkeit einrichten lassen. Bei denen Regierungen und Hof- und Land- und andern Gerichten bekommen Sie Keine Justitz, weile die Ohms mit darin sitzen, und diese selbst wegen Ihrer eigenen Güther und Bauern ein Interesse dabey haben und Selbst sich Kein präjudiz machen wollen.

121.

Der Friede zu Baden zwischen dem Kaiser, dem Reich und Ludwig XIV.

1714.

(Lünig, Teutsches Reichs-Archiv [1720] IV, 1107 ff.)

1. Soll der den 6. Martii dieses Jahres zu Rastadt getroffene Christl. Friede in seiner Gültigkeit seyn und verbleiben.1 . . .

3. Der Grund dieses Friedens ist und verbleibet der Westphäl., Nimwegische und Ryßwickische Friede, sollen auch diese, so bald die Ratificationes von beyden Theilen ausgewechselt worden, in geist- und weltlichen Dingen vollzogen, auch in Zukunfft unverbrüchlich gehalten werden, es sey dann, daß man sich in gegenwärtigem2 in einem oder dem andern anders verglichen.

4. Nach Inhalt dieses und des Ryßwickischen Friedens treten Ihr. Allerchristl. Maj. an Jhr. Kayserl. Maj. und das Durchlauchtigste Hauß Desterreich wieder ab die Stadt und Festung Alt-Breysach, wie solche in gegenwärtigem Stande befindlich. .

5. Jhr. Allerchristl. Maj. treten auch ab an Ihr. Kays. Maj. und das Durchl. Hauß Oesterreich die Stadt und Schloß Freyburg nebst der Festung St. Peter und der Stern-Schantze, wie auch alle andere auf dem Schwarzwald oder in dem übrigen Breyßgau gelegenen oder wieder aufgerichteten Festungen . . . nebst denen Dörffern Lehen, Merghausen und Kerchzarth. .

6. Jhr. Allerchristl. Maj. treten an Ihr. Kayserl. Maj. und das Reich ferner ab die von ihnen erbaute und an dem rechten Ufer des Rheins, an der Straßburger Brücken gelegene Schanze Kehl und zwar in dem Stande, darinnen es iego befindlich.

1 Der Friedensschluß zu Baden stimmt in den Hauptpunkten mit dem Rastatter überein. 2 näml.: Frieden.

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