Page images
PDF
EPUB

schaffen und die von ihnen neuerbauete Häuser sampt deren Einwohnern in denen ersten zehen Jahren mit feinen oneribus ausser der obangeregten2 Consumptions-Accise belegen lassen wollen.

7. So bald sich obgedachte Unsere Evangelisch-Reformirte GlaubensGenossen Französischer Nation in einiger Stadt oder Flecken niedergelassen, sollen ihnen die daselbst hergebrachte jura civitatis et opificiorum ohn entgeltlich und ohne Erlegung einiger Ungelder concediret und eben die beneficia, Rechte und Gerechtigkeiten verstattet und eingeräumet werden, deren andere Unsere an solchen Orten wohnende und gebohrne Unterthanen genießen und fähig seyn. . .

8. Diejenige, welche einige Manufacturen von Tuch, Stoffen, Hüten oder was sonsten ihre Profession mit sich bringt, anzurichten willens seyn, wollen wir nicht allein mit allen desfals verlangeten Freyheiten, Privilegiis und Begnadigungen versehen, sondern auch dahin bedacht seyn und die Anstalt machen, daß ihnen auch mit Gelde und andern Nothwendigkeiten, deren sie zu Fortsetzung ihres Vorhabens bedürffen werden, so viel müglich assistiret und an Hand gegangen werden soll.

9. Denen, so sich auff dem Lande sehen und mit dem Ackerbau werden ernehren wollen, soll ein gewiß Stück Landes uhrbar zu machen angewiesen und ihnen alles dasjenige, so sie im Anfang zu ihrer Einrichtung werden nöthig haben, gereichet, auch sonst überall ebener gestalt begegnet und fort geholffen werden, wie es mit verschiedenen Familien, so sich aus der Schweiß in unsere Lande begeben und darinnen niedergelassen, biß anhero gehalten worden.

11. In einer ieden Stadt wollen Wir gedachten Unsern Franzö sischen Glaubens - Genossen einen besondern Prediger halten, auch einen bequemen Ort anweisen lassen, woselbst das exercitium Religionis Reformatae in Französischer Sprache und der Gottesdienst mit eben denen Gebräuchen und Ceremonien gehalten werden soll, wie es biß anhero bey den Evangelisch Reformirten Kirchen in Franckreich_bräuchlich ge= wesen.

12. Gleichwie auch diejenige von der Französischen Noblesse, welche fich biß anhero unter Unsere protection und in Unsere Dienste begeben, eben der Ehre, Dignitäten, Praerogativen als andere Unsere Adeliche Unterthanen geniessen, Wir auch deren verschiedene zu den vornehmsten Chargen und Ehren-Aemptern an Unserm Hoffe, wie auch bey Unserer Miliz würdlich employret, Also sind Wir auch gnädigst geneigt, ebenmäßige Gnade und Beforderung denen Französischen von Adel, so sich ins fünfftige in Unsern Landen werden seßen wollen, zu erweisen. . .3 So geschehen zu Potstam den 29. Octobr. 1685.

Friedrich Wilhelm.
Churfürst.

2 Punkt 5. Das ganze Edikt umfaßt 14 Punkte.

106.

Verdienste des großen Kurfürsten um den branden= burgischen Staat.

(Das Aktenstück, aus dem im folgenden einiges mitgeteilt wird, befindet sich im Dresdner Archiv und ist von Droysen veröffentlicht in seiner „Gesch. der preuß. Politik“ IV, 4, S. 203 ff. Berlin 1855 ff. Dasselbe stammt nach Droysens Vermutung aus dem Jahre 1697/98.)

Der Chur Brandenburgische état wahr noch bey Hrn. Friedrich Wilhelms Churf. Durchl. glohrwürdigster gedächtnis angetretener Regierung gar schlecht; das Landt undt fürnehmblich die Städte wahren unbebauet und wüste, die Unterthanen verlaufen. Brandenburg konte der Zeit aus der Marck und andern dero provincien nicht so viel revenuen ziehen, daß es in allen 6000 Mann hette halten können. Dero Hofstaat wahr ganz irregulair undt bestandt aus wenigen Bedienten, das Cammerwesen undt davon dezendirende Aembter übel bestellet, die commercia undt correspondentzien lagen gantz zugrunde; in summa, es wahr ein gar schlechter Zustandt sowoll in diesen undt Jenen zu sehen.

Sr. Churf. Durchl., als welche ein landesfürstl. undt Väterliches Mittleiden mit dero von Gott Jhro Verliehenen Landen undt Unterthanen trugen, sahen höchstvernünfftig gar woll, daß in der länge solches nicht bestehen, sondern daß Sie genöthiget werden würde, zu aufhelffung dero ganz desolaten Stadten undt ruinirten Unterthanen andere nachdrückliche messures zunehmen. Bevor dieselbe aber etwas gewisses anfingen, brauchten Sie diese maxime: Sie hatten bemercket, weiln dero états Ministerium, auch Cammer undt Justit collegia meistentheils mit Persohnen von der Ritterschafft, welche überdehm eine immerwehrende Verwandt- und Bluthsfreundtschafft untereinander hatten, besetzet wehren, daß das Jenige, was Sie fürzunehmen gnädigst endtschlossen, endtweder in Zeiten unterdrücket, oder doch dehnen andern Stenden, umb sich auf alle Felle parat zu halten, so fort deshalb Nachricht ertheilet wahr worden, indehm die jenige Ministri, welche Mit-Stände wahren, dieses pro principio hatten, daß, weiln Sie nicht wissen konten, ob Ihre Söhne Geheime oder andere Räthe dereinst werden, hingegen gewis wehren, daß dieselbe Stände bleiben würden, So müsten Sie auf der Kinder Erhaltung mehr, als auf Ihres Landesfürsten interesse sehen; daß Churf. Dchl. dahero auswertige, aus andern dero provincien capable Persohnen beruffen liessen, welche gelehrt, meistens von Bürgerlichem Stande undt in der Chur undt Marc Brandenburg Unangesessene sein musten. Als nun solche sowoll, als noch Andere Persohnen von mittler condition, welche zu exequirung des Vorhabens gebrauchet werden solten (iedoch lettere unter einen ganz anderen Nahmen), insgesambt an- undt in schweren Eydt und pflichten genommen worden wahren, brachen Churf. Dchl. mit Dero heylsamer intention aus, declarirten den Ständen öffentlich, wie Sie die consumptions accise in denen gang agonisirenden Städten einführen lassen wollten undt wie Sie mit derselben würklichen Einführung hier undt dort bereits den anfang machen lassen. Da wahr nun die ankündigung undt execution

gar nahe beysammen. Die Stände flattirten sich zwar noch damit, daß durch Ihre plausible mehr, denn gründtliche Vorstellungen Sie dieses neue werd noch woll übern Hauffen werffen würden. . . . ; allein das neue Geheime Raths Collegium bewieß Ihnen, daß Ihren, der gemeinsahmen Wollfahrt e diametro zu wiederlaufenden Begehren ohnmöglich deferirt werden könnte.

Die revenuen der accise sindt 6mahl mehr als der vormahligen contribution; über dehm ist der Bürger nicht mehr so gedrücket als Bordehm, indem die weitlaufftigte, zwischen Ritterschafft und Städten wegen des quanti geführte processus, nicht minder die harten executionsKosten cessiren; die Städte seindt trefflich angebauet, voll besetzet, und Laufen die Künstler und Handtwercker aus den benachbahrten ohrten, alwo feine accise ist, als aus den Hessischen, Mecklenb., Pommerschen, absonderlich aus Sachsen häuffig zu, so daß man binnen der Zeit, daß die Accise in den Brandenburgischen introducirt gewesen, bei die 15 000 Persohnen, welche für Sächsische sich ausgegeben, gezehlet hatt.

Die revenuen der Accise werden zum militair etat lediglich verwendet; Churf. Ochl. disponiren alleinig nach dero gefallen darüber undt bedürffen nicht mehr von dem guten willen dero Stände dependiren, wie Vormahls. . . .

Das Cammerwesen ist in allen Churf. provincien anito auf gleiche ahrt reguliret, undt da man die ambter undt domanialgüther Vormahls insgesambt administriren lassen, werden dieselben alle verpachtet, durch welche Verpachtung ein gar großer Unterschiedt sowoll wegen der revenuen, als auch wegen der cultivirung des ackerbaues vermercket worden. Undt betragen sich die von den Verpachteten ambtern in allen Churf. provincien fallende intraden an die 13 tonnen goldes, da solche bey der administration noch nicht 4 tonnen goldes gewesen2

Das Post-, Zoll- und Salzwesen als 3 Regalia, damit ich es kurt undt in eins fasse, werden durch beeydigte, von Churf. Dchl. alleinig dependirende Persohnen administriret und niemahls verpachtet.

Die revenuen von den Zollwesen, welche steigendt und fallendt nach dem gang der commerciorum sein, werden ppter auf m/500 tal. ge= schätzet. Die revenuen von den Posten deductis deducendis auf m/80 tal. Die revenuen von Salzwesen auf m/40 tal. ... Durch alle obige, nach einander erzehlte woll eingerichtete Regalien, sonderl. das Accise undt Cammerwesen, hatt Brandenburg seine revenuen sehr hoch getrieben, sich souverain in dero Landen, resp. seinen Landt Stende, bey auswährtigen formidabel undt capabel gemachet, nicht allein wegen des in seinen Lande mittelß der Accise so starck zugezogenen Volcks eine nombreuse Armee in kurzer Zeit anzuschaffen, sondern dieselbe auch (wenn gleich die Subsidien, welche es in diesem letzten Kriege wieder der Cron Franckreich hier undt dort gezogen, ceffiren) dennoch von dero Eigenen Landes revenuen solche zu unterhalten.

1 Berlin hat vor diesem an contribution nicht mehr als monatlich 4- bis 5000 tal. tragen können; io wirfet die Accise monathlich an 24000 tal. ab, und glaubet man, daß bei abstellung aller hier und dort noch wieder eingeschlichenen Unterschleife an die 30000 tal. monathl. kommen werden. 21 Tonne = 100000 Thlr.

Nach der particularzusammenrechnung ein undt anderer gefälle und der jährl. Berechnung des General-Empfängers Kraut, als welcher ao. 92 u. 93 eine Summe von 40 tonnen goldes von einem Jahr berechnet hatt undt dennoch in einen Vorschus von 3 tonnen goldes geblieben ist, finde ich, daß alle des Churfürsten von Brandenburg ordinair revenuen Jährl. an die 60 tonnen goldes undt darüber heranlaufen.

Undt darmit ich zum Schluß Chur-Brandenburgs bey dieser undt Jener guten Verfaß- undt Einrichtung adhibirte Maximes, deren unterschiedene angeführet werden könnten, in wenigen fasse, so hat es sonderlich in allen dero hochsterleuchtesten actiones herfürblicken lassen, wie zu Formirung eines regulirten Etats eine der artigsten Regeln sey: Wol überlegen, geschwindt exequiren,

Wol belohnen undt scharff bestrafen.

107.

Bossuet über das Königtum.

(Bossuet, Politique tirée des propres paroles de l'Écriture-Sainte. Brüssel 1721).*)

Bossuet stellt im 2. Buch seines Werkes als 7. Behauptung (proposition) des 1. Artikels den Sah auf:

La monarchie est la forme de gouvernement la plus commune, la plus ancienne et aussi la plus naturelle.

Er versucht, diesen Sah aus der biblischen, sowie aus der Weltgeschichte zu beweisen, und fährt dann fort:

Tout le monde donc commence par des monarchies, et presque tout le monde s'y est conservé comme dans l'état le plus naturel. Aussi avons-nous vû qu'il a son fondement et son modèle dans l'empire paternel, c'est-à-dire, dans la nature humaine.

Zu der 8. Behauptung: Le gouvernement monarchique est le meilleur bemerkt Bossuet folgendes:

S'il est le plus naturel, il est par consequent le plus durable et dès-là aussi le plus fort.

C'est aussi le plus opposé à la division, qui est le mal le plus essentiel des états, et la cause la plus certaine de leur ruine, conformement à cette parole déjà rapportée: „Tout royaume divisé en lui-même sera desolé; toute ville ou toute famille divisée en elle-même ne subsistera pas.

Nous avons vû que notre Seigneur a suivi en cette sentence le progrès naturel du gouvernement, et semble avoir voulu mar

*) Bossuet, geb. 1627, geft. 1704, 1670 zum Lehrer des Dauphin ernannt, 1681 zum Erzbischof von Meaur erhoben, hatte seine Aufzeichnungen über Politik für den Dauphin bestimmt. Dieselben wurden erst 1709 durch den Druck veröffentlicht.

quer aux royaumes et aux villes le même moyen de s'unir que la nature a établi dans les familles.

En effet, il est naturel, que quand les familles auront à s'unir pour former un corps d'état, elles se rangent comme d'elles-mêmes au gouvernement qui leur est propre.

Quand on forme les états, on cherche à s'unir, et jamais on n'est plus uni que sous un seul chef. Jamais aussi on n'est plus fort, parce que tout va en concours.

...

Als die wesentlichen Eigenschaften des königlichen Amtes werden im 1. Artikel des 3. Buches genannt:

Premièrement, l'autorité royale est sacrée; secondement, elle est paternelle; troisièmement, elle est absolue; quatrièmement, elle est soumise à la raison.

über den 1. Punkt verbreitet sich der 2. Artikel. Unter dem 1. Behauptungssat (proposition) desselben heißt es:

Les princes agissent donc comme ministres de Dieu, et ses lieutenants sur la terre. C'est par eux qu'il exerce son empire. Pensez-vous pouvoir résister au royaume du Seigneur qu'il possède par les enfants de David."

C'est pour cela que nous avons vû que le trône royale n'est pas le trône d'un homme, mais le trône de Dieu même. „Dieu a choisi mon fils Salomon pour le placer dans le trône où regne le Seigneur sur Israël." Et encore: „Salomon s'assit sur le trône du Seigneur."

Et afin qu'on ne croye pas que cela soit particulier aux Israëlites d'avoir des rois établis de Dieu, voici ce que dit l'Ecclesiastique: „Dieu donne à chaque peuple son gouvernement, et Israël lui est manifestement reservé."

Il gouverne donc tous les peuples, et leur donne à tous leurs rois, quoiqu'il gouverne Israël d'une manière plus particulière et plus déclarée.

Als drittes wesentliches Merkmal des königlichen Amtes gilt dem Verfasser: L'autorité royale est absolue. Darüber sagt er im 1. Artikel des 4. Buches:

Pour rendre ce terme odieux et insupportable, plusieurs affectent de confondre le gouvernement absolu et le gouvernement arbitraire. Mais il n'y a rien de plus distingué, ainsi que nous le ferons voir lorsque nous parlerons de la justice.

1. Proposition: Le prince ne doit rendre compte à personne de ce qu'il ordonne.

Nach einem längeren biblischen Citat begründet Bossuet diesen Sah folgendermaßen:

Sans cette autorité absolue il ne peut ni faire le bien, ni reprimer le mal; il faut que sa puissance soit telle que personne ne puisse espérer de lui échapper; et enfin la seule défense des particuliers contre la puissance publique doit être leur in

nocence.

« PreviousContinue »