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III.

Vom westfälischen frieden

bis zum

Regierungsantritte Friedrichs des Großen.

93.

Die brandenburgischen Stände bitten den Kurfürften Friedr. Wilhelm von Brandenburg um Reduktion der

Soldateska.

1650.

(Urkunden und Aktenstücke zur Gesch. d. Kurf. Friedr. Wilhelm v. Brandenburg. Berlin 1864 ff. 10. Bd., S. 188 f.)

Dat. Berlin, 30. Nov.*) 1650.

E. K. D. auf unser eingereichte unterth. Supplikation erfolgte kurf. Resolution ist uns anheute mit dem frühesten wol eingehändigt worden.

Nun haben wir zwar dieselbe mit unterth. Respekt, maßen uns auch nicht anders gebühret, empfangen, seind aber darüber, weil wir uns viel einer andern Erklärung versehen, dermaßen bestürzt worden, daß wir uns kaum begreifen können; denn bei der jüngsten Zusammenkunft im September seind wir nicht allein in unsern petitis im geringsten nicht erhört worden, sondern man hat uns anstatt der hochnötigen Sublevation noch mit dem Unterhalt der vier Arnimschen Compagnien, Verpflegung der Dragoner und andern augmentis, conclusa pace, de facto gravieret und belästiget. Anito abermals sollen wir ohne einigen Trost re infecta so gut wieder hinziehen, wie wir herkommen; und ob wir wohl auf eine neue Tagefahrt im Januario des herannahenden 1651ten Jahres verwiesen werden, so seind wir doch ganz ungewiß, ob und wie weit E. K. D. unsern desideriis Satisfaction zu geben geneigt sein mögen.

.... Das petitum ipsum anreichend, wird darinnen verhoffentlich nichts Unbilliges zu befinden sein; denn da E. K. D. im Septembri den Unterhalt auf die vier Arnimsche Compagnien Dragoner und das Augmentum auf die beide frankfurtische und croßnische Compagnien (begehrt) und sich daneben herausgelassen, daß Sie finitis hisce tribus mensibus auf andre consilia bedacht sein wollten, so wird ja nicht übel gethan sein, daß wir E. K. D. Dero Promiß und landesväterliche Vertröstunge unterth. erinnert und daneben die Kassierung der Reuter, als die weder E. K. D. noch Dero Lande die geringste Dienste nicht geleistet, noch leisten können, gesucht haben.

Bishero haben die Soldaten den armen Leuten die Thränen ausgepresset; nun wir in die Hand der Obrigkeit geraten, wollen wir

*) d. 10. Dez. neuen Stils. Die evangelischen Stände nahmen den Gregorianischen Kalender erst 1700 an und seßten anstatt des 18. Februar gleich den 1. März.

nicht hoffen, daß dergleichen Sünde und Unglück uns treffen werde; denn der Bedrängten Thränen fließen zwar die Wangen herunter, sie steigen aber über sich und schreien zu dem, der aller Elenden Vater ist und können nimmermehr dem, der sie elicieret, zum besten kommen. E. K. D. wissen die Not Dero armen Unterthanen, und da Sie daran einigen Zweifel hätten, so können Sie es durch Ihre Haupt- und Amtleute sattsam erfahren. Der andern Unterthanen, so dem Adel und andern zustehen, Condition ist nicht besser, sondern sie seind alle zu solcher Decadence geraten, daß es eine Gewissenssache ist, wenn man ihnen mehr auflegen oder sie in vorigen Pressuren wollte stecken lassen.

Es fömmt ihnen (den Ständen) auch befremdet vor und thut ihnen wehe, daß sie ihre Mittel dazu geben sollen, was sie für Augen sehen, was weder E. K. D., noch ihnen, noch dem ganzen Lande keinen Nußen schaffen kann, sondern vielmehr verhinderlich ist und verursacht, daß viel Leute, die sich sonst in diesem Lande wol sezen wollten, sich an andere Örter begeben, weil allhier des Kontribuierens weder Anfang noch Ende zu finden.

Es haben die Stände sich genugsam überwunden und E. K. D. zu unterth. Ehren diese drei Monat die ihnen sonst zu schwere Last getragen; nunmehr aber kann ihnen mit keinem Fug mehr zugemutet werden; denn daß wegen der noch übrigen Differenz mit der Kron Schweden die Kur und Mark Brandenburg immerzu in vorigen Beschwerungen verbleiben sollte, solches ist ganz unnötig. Das Instrumentum Pacis vermag, daß die Schweden nicht gehalten sein sollen, Hinter Pommern zu quittieren, bis die Frrungen vollkömmlich componieret; weil man dann nicht weiß, wie bald solche aufhören möchten, warum läßt man uns länger zappeln und schreitet nicht vielmehr zur hochnotwendigen Sublevation? Es ist genug, daß man versichert ist, daß die Kron Schweden vi armata wider E. K. D. nichts suchen werde. So ist auch E. K. D. nicht zu raten, solcher geringen Zwiespalt halber mit den Schweden zu den Waffen zu geraten. Die amicabilis compositio muß hierin das Beste thun, wozu E. K. D. der Röm. Kaiserl. Majestät und Dero Mit- Kurfürsten Interposition auf den Fall, da es not sein sollte, sich nützlich werden gebrauchen können. . .

94.

Antwort auf vorstehendes Gesuch.

(Urkunden u. Aktenst. zur Geschichte des Kurfürsten Fr. Wilh. 10. Bd., S. 193 f.)

2./12. Dec. 1650.

Im Hauptwerk können S. K. D. Dero getr. Land - Stände wol versichern und rufen den allwissenden Gott zum Zeugen, daß Ihr die Not und Klage Ihrer armen Lande sehr zu Herzen gehen, und daß wol keinem die militärische Exekution so wehe thun könne, als es Sr. K. D. wehe thut; daß Sie auch für diesmal Dero getr. Land-Stände

ohne Hülfe, dazu Sie doch von Grund Ihres Herzens geneigt sein müssen, von sich ziehen lassen müssen.

Alleine werden die Land-Stände dieses gleichwol vernünftiglich zu ermessen haben, daß S. K. D. sich eines Gewissen nicht entschließen können, bis Sie etlichermaßen ersehen, wohin die Traktaten wegen der hinterpommerischen Lande mit der Kron Schweden, so allererst für wenig Tagen reassumieret worden, hinausschlagen möchten. Demnach dieselbige sich anlassen, es sei zum glücklichen und gewünschten Fortgang, oder zur gänzlichen Zerschlagung, so werden S. R. D. Consilium pro re nata nehmen müssen und wollen auf den einen oder den andern Fall, was zu Dero Lande Wohlfahrt und Besten gereichen mag, zu befördern und in acht zu nehmen in kein Vergessen stellen. . .

Allein müssen die Land-Stände bedenken, daß nunmehr die Kurf. Lande und Pommern gleichsam membra unius capitis sein. Gleichwie nun die gesamte Land-Stände Sr. K. D., wann Dieselbige um eine Provinz der Kurmark Brandenburg periclitieren sollte, sich als getreue Unterthanen würden anzunehmen schuldig sein, also können sie nicht für über, auch respectu der pommerischen Lande, so gleichfalls an S. K. D. kommen, etwas auf sich zu nehmen. .

95.

Des großen Kurfürften religiöse Toleranz.

An die Beh. Räte.

(Urkunden u. Aktenft. zur Geschichte des Kurf. Fr. Wilh. 10. Bd., S. 255.)

Dat. Cleve 21./31. Mai 1652.

Bei dem Puncto Religionis aber hätten Wir Uns dergleichen unnötigen Difficultäten zu denen der also genannten Lutherischen Religion zugethanen Ständen nicht versehen, gestalt sie es gewiß auch keine Ursach Dann soviel das Exercitium Augustanae Confessionis anreicht, da ist ja unleugbar und liegt hell am Tage, daß ihnen dasselbe frei und ungehindert gelassen, auch dem geringsten Unterthanen unter ihnen ein andres zu glauben von Uns niemaln zugemutet worden; weniger haben sie über die geringste Turbation mit Fug einige Klage zu führen; am allerwenigsten aber, daß sie ab officiis publicis tam Ecclesiaticis quam Politicis exkludieret und die Land-Kinder gleichsam des beneficii der Kommunität bei den Universitäten und Schulen privieret werden sollten. Dann gleichwie solches mit Bestande nimmer wird erwiesen werden können, also ist hingegen flar und offenbar, daß die meiste und ansehnlichste Chargen und beneficia auch bei den vornehmsten Collegiis bis auf diese Stunde mehr mit Lutherischen, als Reformierten besetzt und genossen werden. Wir halten auch eigentlich dafür, daß kein einiger Lutherischer Religion zugethaner Kur- oder Fürst im ganzen Röm. Reich

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