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2. Und kan, noch mag solch wort nicht vom Sacrament der Busse, das ist, von der Beicht unnd Genugthuung, so durch der Priester Ampt geübt wird, verstanden werden.

5. Der Bapst wil, noch kan nicht einige andere Pein2 erlassen, ausserhalb derer, die er seines gefallens, oder laut der Canonum, das ist, Bäpstlicher satzungen, auffgeleget hat.

10. Die Priester handeln unverstendig unnd übel, die den Sterbenden Menschen Poenitentias Canonicas, das ist, aufferlegte Busse ins Fegfeuer, daselbs denselben gnug zu thun, sparen und behalten.

21. Derhalben irren die Ablasprediger, die da sagen, das durch des Bapsts Ablas der Mensch von aller Pein los und selig werde.

24. Darumb mus der grösser teil unter den Leuten betrogen werden durch die prechtige Verheissung, on alle unterscheide dem gemeinen Man eingebildet, von bezalter Pein.

27. Die predigen Menschenthand, die da fürgeben, das, sobald der Groschen, in den Kasten geworffen, klinget, von stund an die Seele aus dem Fegfeuer fare.

32. Die werden sampt iren Meistern zum Teuffel faren, die vermeinen, durch Ablasbriefe ihrer Seligkeit gewis zu seyn.

35. Die leren unchristlich, die fürgeben, das die, so da Seelen aus dem Fegfeuer, oder Beichtbriefe wollen lösen, feiner Reu, noch leides bedürffen.

36. Ein jeder Christ, so ware Reu und leid hat über seinen Sünden, der hat völlige Vergebung von Pein und Schuld, die im auch one Ablasbriefe gehöret.

38. Doch ist des Bapsts vergebung und austeilung mit nichten zu verachten, denn, wie ich gesagt habe, ist seine Vergebung eine erklerung göttlicher Vergebung.

43. Man sol die Christen leren, das, wer dem Armen gibt, oder leihet dem Dürfftigen, besser thut, denn das er Ablas lösete.

50. Man soll die Christen leren, das der Bapst, so er wüste der Ablasprediger schinderey, lieber wolte, das S. Peter Münster zu Pulver verbrandt würde, denn das es solt mit Haut, Fleisch unnd Bein seiner Schaffe erbauet werden.

62. Der rechte ware Schaß der Kirchen ist das heilige Evangelium der herrligkeit und gnaden Gottes.

66. Die Schete aber des Ablas sind die Neße, damit man jeßiger zeit die Reichthum der Menschen fischet.

77. Das man saget, S. Peter, wenn er jetzt Bapst were, vermöchte nicht grössern Ablas zu geben, ist ein lesterung wider S. Peter und den Bapst.

79. Sagen, das das Creuz, mit des Bapsts wapen herrlich aufgericht, vermöge so viel, als das Creuz Christi, ist eine Gotteslesterung.

2 Strafe (poena).

94. Man sol die Christen vermanen, das sie irem Haupt Christo durch Creuz, Tod unnd Helle nachzufolgen sich befleissigen.

95. Und also mehr durch viel Trübsal ins Himelreich zugehen, denn das sie durch vertröstung des Friedens sicher werden.

6.

Luther und Kajetan zu Augsburg.

1518.

(Fr. Myconii historia reformationis, cap. VII. Herausg. v. Cyprian 1718.)

Doctor Martinus 30g Anno 1518. in Septembri nach Augspurg, lag ein Nacht zu Weymar im Barfüsser-Closter, do er noch ein Meß hielt, und war noch eins mit den Mönchen. Und als der Mönchen Provisor Johann Kestner aus Mitleiden sagt: „o lieber Herr Doctor! die Wahlen sind bey Gott gelert Leut. Ich habe Sorg, ihr werd euere Sachen für ihn nicht erhalten können. Sie werden euch drob verbrennen Darauf antwortet Luther: Mit Nesseln gieng es hin; aber mit Feuer wäre es zu heiß. Lieber Freund! bitt unsern lieben Her Gott im Himmel mit einen Vater Unser für mich und sein liebes Kind Christum, des mein Sach ist, daß er dem wolle gnädig seyn. Erhält er nur dem die Sachen, so ist sie mir schon erhalten; will ers aber dem nicht erhalten, so werd ichs ihm auch nicht erhalten können: so muß er die Schand tragen.“

"

Als Martinus nun gen Augspurg zum Cardinal kame, hat sich derselbe in sein Majestät gesetzt; und weil es sehr ein hoffärtig Mann was, brüstet er sich, wie er selbst Pabst wäre. Und ehr Er die Handlung mit Luthero fürnahm, sprach er: „Frater, quid docuisti?" antwort Lutherus:,,interroga eos, qui me audierunt, hi sciunt, quid docuerim ego“. Darnach legt der Cardinal dem Luther drey Stück für, die er kurt üm1 thun solt:

1. Er solt sich wiederum besinnen, bekehren und seine Irrthum wiederruffen.

2. Solt zusagen, daß er sich für denselben Frrthumen hüten wolt. 3. Solt sich alles des enthalten, dadurch die heilig Kirch verunruigt möchte werden.

Darauf Lutherus antwort, Er wüst sich keines Jrthum noch Ver. unruigung der Kirchen schuldig; So er aber derselben überweiset würd, wolt er gern widerruffen. Der Cardinal bracht herfür zwey Stück aus den propositionibus Lutheri, nemlich, daß er geschrieben hätt, das Leiden Christi wär nicht der Schatz, daraus die Ablaß-Prediger die Vergebung der Sünd zu verkauffen hätten. Item, daß der Glaub von nöthen seyn solt zu der Empfahung des hochwürdigen Sacraments. Do 5 kurzum, ohne weiteres.

1 Welschen.

2

vor ihnen.

s als ob. 4

ehe.

aber Lutherus mündlich und schrifftlich diese beyde Artickel aus göttlicher heiliger Schrifft beweiset, wolt doch der hochmüthig Legat nicht zu frieden seyn. Aber als Luther die offentliche Wahrheit nicht wiederruffen, und Christum nicht verläugnen wolt, begab er sich doch endlich so weit, daß er still schweigen, und ferner nichts schreiben wolt, wu der Pabst und Legat diejenen, so wieder Ihn schrieben und schrien, auch schweigen einlegt. Aber der Legat wolt nicht; Luther und Christus solten schweigen; Jene solten Macht haben, ihres Gefallens zu lästern.

Ich habe offt vom Luthero gehöret, daß ihn unser Herr Gott nie tieffer habe sincken lassen, denn do er sich so viel begab. So hat darnach Cardinalis Campegius zu Augspurg zu Philippo Melanchthone jämmerlich geklaget, daß Cajetanus sehr unweißlich und übel gethan hätte, daß er dasselb mahl dem Luthero diese Condition abgeschlagen hätte.

Luther erbote sich endlich, dem Cardinal alle seine Gründe schrifftlich zuzustellen und darüber zu leiden das Erkäntnüß der dreyen hohen Schulen: Basel, Freiburg und Löven. Kund aber auch nichts erlangen, sondern hieß schlecht: Revoca, Revoca.

Es nahme der Cardinal Doctor Staupit auch für, vermahnet ihn, er solt, als ein oberster General des Luthers, ihn zwingen, daß er wiederruffet. Do es aber Staupit, er wäre denn mit Schrifft überwunden, nicht zu thun wuste, sondern der Cardinal solt sich selbst noch baß an ihn versuchen, antwort der Cardinal:,,Ego nolo amplius cum hac bestia loqui. Habet enim profundos oculos, et mirabiles speculationes in capite suo."

Als aber der Cardinal Lutherum nicht mehr für sich lassen wolt, schlug schlecht die Revocation für und ließe sich hören, er hätte Befehl, daß er beyde, Staupißen und Lutherum, folt gefänglich annehmen und gen Rom schicken. Do Martinus merckt, daß man nach gewöhnlicher Cardinalischer Weiß mit ihm fahren wolt, mit Gewalt und nicht Rechte: do affigirt er ein öffentliche appellation, und zogen beyde Theil voneinander.

7.

Luther und Miltih zu Altenburg.

1

1519.

(Brief Luthers an den Kurf. Friedrich. Cyprian, Urkunden zur Erläuterung der ersten Reformationsgeschichte I, 386. Leipzig 1717.)

Durchleuchtigister, Hochgeporner Furst, Gnedigister Herr. Es ist mir zuvill, das E. F. G. ßo weyt yun meyne sache unnd mühe gezogen wirt; dieweyl aber die noth unnd Gott so fuget, bitt ich, E. F. G. wolt myrs zu gnaden vor güte habenn. 2

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5. od. 6. Jan. Vgl. Enders, Luthers Briefwechsel I, 343. 2 zu gute halten.

Es hat Herr Carolus von Miltig gesternn hoch angezogenn die unehr unnd frevell, ßo durch mich der Romischen Kirchen zugefugt; unnd ich mich auffs aller demutigist zuthun, was ich vermoge, erbotten zu erstatung. 3

3

Zum erstenn wolt ich verheyßen, dißer materien hynfurter stille zu steen, unnd die fach sich selb laßen zu todt blutenn (ßo fern der widderpart auch schwenge); dann ichs dafur acht: hett man meyn schreiben lassen frey gehn, es weer langest alls geschwigen unnd außgesungenn unnd eyn iglicher des liedlins müde wurden. Besorge auch, so dießem mittel nicht folge geschicht unnd wehter werde angefochten mit gewalt odder worten, ßo wird das ding aller erst recht erauss faren unnd auß dem schimpf eyn ernst werden; dann ich meyn vorradt noch ganz habe. Darumb ichs das beste achte, ßo man mochte stille steen in der sachenn.

Zum andern wolt ich Bepftlicher heylikeit schreyben unnd mich ganz demutigk unterwerffenn, bekennen, wie ich zu hißigk unnd zu scharff ge= weßen, doch nit vermeynet, der H. Ro. Kirchenn damit zu nahe seyn, fundernn anzceigen die ursach, das ich alls eyn treu kind der Kirchen widderfochten hette die lesterliche prediget, davon groß spott, nachrede unnd uneer unnd ergerniß des Volcks gegen der Romischen Kirchen erwachßen ist.

Zum dritten wolt ich eyn Zedell ausgehn laßen, eynen ieden zuvermanen, der Romischen Kirchen folgenn, gehorsam unnd eerbietig zu seynn, unnd meyn schrifft nit zur schmach, sundern zur eer der Heyligen Romischen Kirchen versteen solten. .

(Luther fügt noch einen 4. Punkt bei und schließt:)

Weiß E. F. G., ob ich ettwas mehr thun mocht, wolt mir umb Gottes willen E. F. G. gnediglich mitteylen. Ich will gerne alls thun alles leyden, das ich nur nit weiter auffzustechenn verursacht werde. Denn aus der revocation wirt nichts.

E. C. F. G.

Untertheniger Capellan

Doctor Martinus.

8.

Aus der Leipziger Disputation.

Vom 4. bis 14. Juli 1519.

(Opera Reverendi Domini Martini Lutheri etc. I, fol. 241 ff.

Per Johannem Lufft. 1545.)

Über den Primat der römischen Kirche.

Eckius.

Witebergae.

Venio ergo ad principale, quod petit, probaturus primatum

Ecclesiae Romanae esse de iure divino et constitutione Christi, ita,

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quod Petrus fuerit Monarcha Ecclesiae, a Christo institutus cum suis successoribus. Pro quo repeto rationem Bernardi inductam et nondum solutam. Repeto dictum Cypriani pariformiter, et tertio probo per illa verba Christi Matth. 16: „Tu es Petrus, et super hanc petram aedificabo Ecclesiam meam." Ubi glossa ordinaria specialiter illam potestatem Petro concessit, ut ad unitatem nos invitaret, ideo enim eum principem Apostolorum constituit, ut Ecclesia unum principalem Christi haberet Vicarium, ad quem diversa membra recurrerent, si forte inter se discuterent, quod si diversa capita essent, vinculum unitatis rumpetur.

Ita B. Augustinus in epistola contra Donatum exposuit: Tu es Petrus, et super hanc petram, id est, Petrum, aedificabo Ecclesiam meam; et quamvis idem Augustinus alicubi exposuerit super hanc petram, id est, Christum, ad mentem Apostoli, Petra autem erat Christus, tamen in libris retractationum *) expositionis suae primae eum non poenituit. Ita et B. Hieronymus libro primo contra Pelagianos mihi col. 5. ait: Quid Platoni et Petro, ut ille enim princeps philosophorum, ita et hic apostolorum fuit, super quem Ecclesia Domini stabili mole fundata est, quae nec impetu Aluminum, nec ulla tempestate concutitur. Ita B. Ambrosius sermo. 47. Petrum dicit fuisse petram. . .

Lutherus.

Ad principale accedens, probavit (sc. Eckius) Petrum esse monarcham iure divino. Respondeo: D. D. Eckius voluit iure divino probare, et mox sui oblitus incidit in autoritates Patrum, quas pro maiore parte iam tractavimus, et vidimus eos in diversis locis diversa aliquando sensisse, et multo plures et saepius pro me quam pro D. D. . .

Tertio probavit per illa verba: Tu es Petrus, et super hanc petram etc. Quae Augustinus sic exposuerit: Super hanc petram, id est, Petrum, et hanc non retractaverit. Respondeo: Quid ad me? Si vult pugnare contra me, conciliet ipse primum dicta contraria. Certum est enim Augustinum saepius exposuisse petram Christum, et fortassis vix semel Petrum, ideo plus pro me quam contra me facit.

Quod si etiam Augustinus et omnes Patres Petrum intellexerunt per petram, resistam eis ego unus autoritate Apostoli, id est, divino iure, qui scribit Corinth. 3: Fundamentum aliud nemo ponere potest, praeterquam quod positum est, quod est Thesus Christus" et autoritate Petri, 1. Pet. 2. ubi Christum lapidem vivum et angularem appellat, docens, ut superaedificemur in domum spiritualem. Alioqui si Petrus esset fundamentum Ecclesiae, lapsa fuisset Ecclesia ad unius ancillae ostiariae vocem, quam tamen nec portae inferorum expugnare poterunt. . .

*) enthalten eine Selbstrecension seiner Schriften.

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