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das erste Unternehmen eines Blockadebruches regelmäfsig straflos stellen.1)

Die Bekanntmachung hat die Küstenstrecke oder die einzelnen Hafenplätze, auf die sich die Blockade erstrecken soll, genau zu bezeichnen und anzugeben, mit welchem Tage sie in Wirksamkeit treten soll.) Regelmässig wird neutralen Schiffen eine angemessene Frist zum Auslaufen zwecks Beendigung des Löschens und Ladens und der etwa noch erforderlichen Ausrtistung für die Reise bewilligt. Das Pr. P. R. bestimmte hierüber (§ 21): „Der Befehlshaber, welcher mit der Ausübung der Blockade beauftragt ist, hat nach seiner Ankunft auf der Blockadestation sämmtlichen in den Häfen residirenden Consuln die Blockade schriftlich anzuzeigen, zugleich auch die in dem Hafen liegenden neutralen Schiffe aufzufordern, binnen einer angemessenen, nach Anhörung der Vorschläge der Schiffsführer zu bestimmenden Frist den Hafen zu verlassen." Dies wird freilich nicht immer ausführbar sein; alsdann wird der betreffende Befehlshaber nach eigenem Befinden eine angemessene Frist zum Auslaufen festsetzen.")

Die selbstredende Voraussetzung für die Bewilligung des ungehinderten Auslaufens ist, dafs die neutralen Handelsschiffe nicht nach einem blockierten Platze bestimmt sind und nicht etwa Kriegskontrebande an Bord haben.

Das Verbot des Einlaufens tritt in Ermangelung besonderer Festsetzungen sofort mit der Verkündung in Kraft.)

1) S. auch MACLACHLAN, S. 534 f. Abweichend erachten HAUTEFEUILLE (Questions, S. 13) und GESSNER (Droit des neutres, S. 203 f. und 244) eine Spezialnotifikation für unerlässliche Voraussetzung des Blockadebruches.

2) So N. W. C. Art. 39.

3) In den französischen Blockadeerklärungen vom 12. und 15. August 1870 wurde den in den deutschen Häfen der Nordsee und der Ostsee befindlichen neutralen Handelsschiffen eine zehntägige Frist zum Laden und Auslaufen bewilligt. Im Jahre 1877 gestattete die türkische Regierung den neutralen Schiffen, welche die Frist zum Verlassen der in Blockadezustand erklärten russischen Häfen versäumt hatten, das Auslaufen mit der Mafsgabe, dafs die Ladung nur in einem türkischen Hafen verkauft werden dürfe. (Deutsches Handelsarchiv, 1877, II. S. 528.) Der N. W. C. (Art. 43), ebenso wie vordem die B. & C. J. (§ 7), sieht eine dreifsigtägige Frist vor. S. auch R. i. P. M. § 36. 4) Die Bekanntmachung der deutschen Regierung, betreffend die Blockade venezolanischer Häfen im Dezember 1902, lautet: Nachdem die Regierung der Vereinigten Staaten von Venezuela es abgelehnt hat, den ihr mitgetheilten Forderungen der kaiserlichen Regierung zu entsprechen, wird die Blockade über die Häfen von Puerto Cabello und Maracaibo verhängt. Die Blockade tritt am 20. Dezember 1902 in Wirksamkeit. Schiffe unter anderer als venezolanischer Flagge, die vor dem Datum dieser Bekanntmachung aus westindischen oder ostamerikanischen Häfen abgesegelt sind, erhalten eine Frist, und zwar Segelschiffe 20 Tage, Dampfer 10 Tage. Aus allen anderen Häfen erhalten Segelschiffe eine Frist von 40 Tagen, Dampfer eine solche von 20 Tagen. Schiffe unter anderer als venezolanischer Flagge, die an dem Tage dieser Bekanntmachung in den blockirten Häfen liegen, erhalten eine Frist von 15 Tagen. Schiffe, welche versuchen, die Blockade zu verletzen, werden den Mafsnahmen unterliegen, die völkerrechtlich und nach den Verträgen mit den neutralen Mächten zulässig sind. Berlin, den 20. Dezember 1902. Der Reichskanzler. Graf v. Bülow." (Reichsanzeiger vom 20. Dezember 1902.) Die gleichzeitige Erklärung der englischen Regierung

Die Rücksicht auf die Neutralen erheischt auch eine Verkündung der Aufhebung der Blockade.')

§ 51. Blockadebruch.

I. Tatbestand.

Blockadebruch ist jedes in Kenntnis einer Blockade auf deren Verletzung gerichtete Unternehmen. Bei Beurteilung der Frage, ob ein solches vorliegt, ist die Rechtsprechung der Prisengerichte zuweilen milde, zuweilen äusserst streng gegen den Reklamanten gewesen. Für einzelne Verhältnisse hat sich jedoch eine ziemlich gleichmäfsige Praxis gebildet. Die wichtigsten sind folgende:

1. Versegelung, Unkenntnis der Küste, Verlust des Kompasses und ähnliche Umstände schliefsen den Tatbestand des Blockadebruches nicht aus, gleichviel ob sie auf ein Verschulden des Kapitäns zurückzuführen sind oder nicht. Dem lässt sich die Berechtigung nicht absprechen, da die Rücksichtnahme auf solche Einwendungen eine gleichmässige Handhabung der Blockade unmöglich machen und falschen Vorspiegelungen aller Art Tür und Tor öffnen würde.")

2. Proviantmangel wird in der Regel nicht als eine Rechtfertigung für das Anlaufen des blockierten Hafens erachtet, durch welche die Folgen des Blockadebruches ausgeschlossen würden. Gegen Strenge in dieser Hinsicht lässt sich um so weniger etwas einwenden, als Proviant leicht beseitigt werden kann.8)

3. Als Blockadebruch wird es ferner angesehen, wenn die Löschung oder Ladung aufserhalb der Blockadelinie durch Leichterfahrzeuge erfolgt, welche diese Linie passieren müssen; in diesem Falle sind nicht nur die Leichter nebst den etwa an Bord befindlichen Waren verfallen, sondern auch das Schiff und die an dessen Bord befindliche Ladung.

4. Dem Blockadebruch pflegt es gleichgestellt zu werden, wenn ein nach dem blockierten Platz bestimmtes Schiff aufserhalb der Blockadelinie in der Nähe zu Anker geht, beidreht oder kreuzt; denn es greift

bezeichnet als blockiert die Häfen La Guayra, Carenero, Guanta, Cumana, Carupano und die Orinokomündungen; im übrigen ist sie der deutschen gleichlautend.

1) R. Ital. Art. 909 No. 3.

2) HAZLITT und ROCHE, S. 160.

3) Der englische Prisenrichter LORD STOWELL führte aus: The want of provisions is not an excuse, which will, on light grounds, be received, because an excuse, to be admissible, must show an imperative and overruling compulsion, to enter the particular port under Blockade. It may induce the master of a ship to seek a neighbouring port, but it can hardly ever force a person to resort exclusively to a blockaded port. What is said with respect to wind is of a different nature. I will not say that cases of necessity may not occur which would afford a sufficient justification. If a party can show, that he was under very great necessity and that four or five days he could get into no other port, I will certainly admit such an excuse, if well supported." S. auch HAZLITT und ROCHE, S. 159 f. A. M. sind DE BOECK, § 694; MACRI, I. S. 635 f.

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alsdann die Vermutung Platz, dafs das Schiff die erste sich darbietende Gelegenheit benutzen will, die Linie zu durchbrechen; die Erklärung des Kapitäns: er habe sich nur überzeugen wollen, ob die Blockade noch bestehe, und für diesen Fall von vornherein die Absicht gehabt, umzukehren, schliefst den Tatbestand nicht aus.1) Erhellt indessen in solchen Fällen die bona fides des Kapitäns, so kann von einem Unternehmen, die Blockade zu brechen, nicht die Rede sein. Der N. W. C. (Art. 42) enthält folgende Regelung: „A neutral vessel may sail in good jaith for a blockaded port, with an alternative destination to be decided upon by information as to the continuance of the blockade obtained at an intermediate port. In such case, she is not allowed to continue her voyage to the blockaded port in alleged quest of information as to the status of the blockade, but must obtain it and decide upon her course before she arrives in suspicious vicinity; and if the blockade has been formally established with due notification, sufficient doubt as to the good faith of the proceeding will subject her to capture.") Das Reichs-Oberhandelsgericht hat in einem Urteil vom 23. Dezember 1872 3) sich dahin ausgesprochen: Die Behauptung dafs es Pflicht des Schiffers sei, nach dem angeblich blockirten Hafen auszusegeln und sich dort von dem wirklichen Bestande der Blockade zu überzeugen, ist völlig ungegründet. Denn so handelnd würde der Schiffer Schiff und Ladung, wenn auch vielleicht nicht der prisengerichtlichen Condemnation, mindestens der Gefahr der Zurückweisung, meist auch der Gefahr der Aufbringung aussetzen."

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5. Der Tatbestand des Blockadebruchs pflegt nicht angenommen zu werden, wenn ein Schiff in Seenot, absichtlich oder unfreiwillig, in den blockierten Bereich kommt. Es ist dies ein Korrelat der Regel, dafs wenn höhere Gewalt die Blockadekreuzer zwingt, ihre Station zeitweilig aufzugeben, die Rechtsverbindlichkeit der Blockade dadurch nicht aufgehoben wird; offenbar ungerecht würde es sein, wollte man bei gleicher Voraussetzung für die Neutralen nicht eine Ausnahme zulassen.4)

6. Blockadebruch pflegt dann nicht angenommen zu werden, wenn ein Schiff aufserhalb der Blockadelinie auf einem Umwege mit Benutzung von Binnentransportmitteln Waren von dem blockierten Platz erhält oder dorthin befördern läfst.")

7. Für den Tatbestand des Blockadebruchs ist nicht die schliefsliche Bestimmung des Schiffes oder der Ladung entscheidend, sondern

1) Abweichend HAUTEFEUILLE, Questions, S. 13.

S. auch B. & C. J., § 6. Ferner GESSNER, Droit des neutres, S. 244; V. BULMERINCQ, Prises marit., S. 39; UPTON, S. 291 f.; MACLACHLAN, S. 536 f., der in solchen Fällen auch nur eine Vermutung gegen das Schiff für begründet erachtet. Im Prinzip abweichend Rosse, Éléments, S. 102.

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3) Entsch. des Reichs-Oberhandelsgerichts, Bd. 8 (1873) S. 289 f., bes. S. 300. 4) R. i. P. M., § 40; RIVIER, Völkerrecht, § 68 (S. 453).

5) Noten in Betreff des Baumwollenexports via Matamoros während der Blockade der Häfen der Konföderierten Staaten von Nordamerika durch die Flotte der Nordstaaten s. im Staatsarchiv, Bd. 4 No. 607 und wegen des Warenimports das. Bd. 9 No. 1935.

Perels, Internationales Seerecht. 2. Aufl.

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lediglich der Umstand, ob das Schiff zunächst nach einem blockierten Hafen bestimmt ist. Die Theorie von der Einheitlichkeit der Reise in dem Falle, dafs ein von einem neutralen Platz abgegangenes neutrales Schiff zunächst nach einem nicht blockierten Platz bestimmt, für die Folge aber die Weiterbeförderung seiner Ladung (sei es mit demselben Schiff, sei es nach Umladung auf ein anderes Schiff) nach einem blockierten Hafen in Aussicht genommen war, ist zu verwerfen. Diese Theorie war während des nordamerikanischen Sezessionskrieges von dem Prisengericht der Vereinigten Staaten in dem Falle der englischen Bark Springbok" zur Geltung gebracht worden.1) Die Wissenschaft hat sie seitdem vielfach bekämpft.2)

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8. Ungleichmässig ist die Behandlung derjenigen Schiffe, welche sich nur auf der Tour nach einem blockierten Platze befinden. Die englischen und amerikanischen Prisengerichte haben darin, nach dem Vorgang der niederländischen Ordonnanz vom 26. Juni 1630, ein die Verurteilung begründendes Unternehmen des Blockadebruchs gefunden. Auch die amerikanische B. & C. J. hat diesen Standpunkt im § 8 aufrechterhalten,3) und dementsprechend erklärt auch der oberste Gerichtshof zu Washington in dem bereits1) erwähnten Urteil, betreffend das englische Schiff „Adula“: „The sailing of a vessel with a premeditated intent to violate a blockade is ipso facto a violation of the blockade, and

1) Die Springbok" befand sich auf der Tour von England nach dem Hafen von Nassau (Bahama-Inseln). Sie wurde von einem nordamerikanischen Kreuzer angehalten und aufgebracht, weil die Annahme begründet erschien, dafs ihre schliefsliche Bestimmung einer der blockierten Häfen der Südstaaten sei, und sodann als gute Prise erklärt.

2) Mit der Frage hat sich namentlich SIR TRAVERS TWISS beschäftigt und seine Anschauung in folgenden Abhandlungen, deren Ausgangspunkt der Springbok-Fall ist, dargelegt: a) The doctrine of continous voyages as applied to contraband of war and blockade, contrasted with the declaration of Paris 1856 (Law Magazine and Review, Nov. 1877); b) dasselbe Thema in französischer Sprache, als Denkschrift für die Konferenz der Association for the reform and codification of the law of nations in Antwerpen, Paris 1877; c) Belligerent Right on the High Seas since the Declaration of Paris (1856), London 1884, S. 19 f.; d) in der Rev. de dr. i. Bd. 16 (1884) S. 125 f. Sodann L. GESSNER a) Zur Reform des Seekriegsrechts, Berlin 1875, S. 20 f., engl. übersetzt unter dem Titel: A juridical review of the case of the British Barque Springbok"; b) Zur Theorie von der Einheit der Reise in Bezug auf die Kriegskontrebande und das Blockaderecht, in No. 340 und 341 der Augsburger Allgemeinen Zeitung von 1877; c) Droit des neutres, S. 137 f. S. ferner: die Zusammenstellung und Erörterung der Ansichten bei WHARTON,, III. § 362 (S. 394 f.); J. C. BANCROFT DAVIS, Les tribunaux de prises des États-Unis; lettre à Sir Travers Twiss, Paris 1878; D. C. L. (anonym) a) The Judgments of the prize courts of the United States of America in the case of the British barque Springbok" and her cargo, London 1880; b) [in franz. Übersetzung] Jugements des cours de prises des ÉtatsUnis d'Amérique dans l'affaire de la barque anglaise „Springbok" et de son chargement, Paris, s. a. (Amyot); F. v. MARTENS, Völkerrecht, II. S. 532; GEFFCKEN, bei HEFFTER, Anm, 5 zu § 156; BLUNTSCHLÍ, Anm. 5 zu § 535; ULLMANN, S. 331 Anm. 6; ROSSE, Éléments, S. 101 f.; FAUCHILLE, S. 331 f; BONFILS, SS 1666, 1667; HAZLITT und ROCHE, S. 161 f. Das Institut de droit international hat im R. i. P. M. (§ 44) den Satz aufgestellt: „En aucun cas, la supposition d'un voyage continu ne peut justifier la condamnation pour violation de blocus."

3) Unten S. 277. - 4) Oben S. 265.

renders her subject to capture from the moment she leaves the port of departure." Andere Staaten haben das entgegengesetzte Prinzip aufgestellt. So bestimmte das Pr. P. R. im § 25: „Die Ausklarirung nach einem blockirten Hafen oder der Lauf des Schiffes nach einem solchen Hafen gilt noch nicht als Versuch, die Blockade zu durchbrechen."1)

Auch die Wissenschaft hat mit Recht jenen Standpunkt bekämpft und die Wegnahme nur dann für gerechtfertigt erachtet, wenn das Schiff sich der Blockadelinie soweit nähert, dafs die Absicht, trotz der Blockade hindurchzufahren, offenbar wird. HEFFTER2) bemerkt dazu: „Nicht allein unbillig, sondern sogar ungerecht ist und wird es allezeit sein, ein neutrales Schiff schon deshalb, weil es sich auf dem Wege nach einem blockirten Orte befindet, wenn auch in noch so weiter Entfernung, in den Fall einer Blockadeverletzung zu erklären. Es ist hier nicht nur die Möglichkeit vorhanden, dafs das Schiff bei Fortsetzung seines Laufes die Blockade aufgehoben findet; seine Intention ist auch gewifs nicht sofort als eine unveränderliche anzusehen." Dieser Darlegung entsprechend hat das Institut de droit international in den §§ 43 und 44 des R. i. P. M. folgende Grundsätze aufgestellt:,,Un navire de commerce sera saisi pour violation de blocus lorsqu'il aura essayé par force on par ruse de pénétrer à travers la ligne de blocus;3) ou si, après avoir renvoyé une première fois, il a essayé de nouveau de pénétrer dans le même port. Ni le fait qu'un navire de commerce est dirigé sur un port bloqué, ni le simple affrètement, ni la seule destination du navire pour un tel port ne justifient la saisie pour violation de blocus."

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Der Tatbestand des Blockadebruchs setzt regelmäfsig die Kenntnis von dem Bestehen der Blockade voraus. Ob diese Kenntnis vorliegt, ist nach den Umständen zu beurteilen. Soweit nicht konventionelle oder reglementarische Festsetzungen über die Beweisführung den Ausschlag geben, pflegt man anzunehmen, dafs sie vorhanden ist, wenn die Benachrichtigung an den neutralen Staat, dessen Flagge das Schiff führt, ergangen und eine nach den Umständen des Falles angemessene Frist verstrichen ist. Der neutrale Staat ist gehalten, die ihm bekannt gewordene Verhängung der Blockade in geeigneter Weise seinen Untertanen mitzuteilen; diese haben völkerrechtlich die Folgen einer Nichterfüllung jener Verpflichtung zu tragen. Die blockierende Macht hat ihre Schuldigkeit mit der Notifikation getan; sie ist alsdann zu der Erwartung berechtigt, dafs der neutrale Staat, dem sie zugegangen, die erforderliche Bekanntmachung erlässt.

Die hieraus sich ergebende Vermutung für die Kenntnis von dem Blockadezustand kann aber dann nicht Platz greifen, wenn ein Schiff vor und seit Verhängung der Blockade in See gewesen ist. Die englischen Prisengerichte haben jedoch regelmässig die Tatsache, dass die Bekanntgabe einer Blockade auf diplomatischem Wege oder anderweit generell erfolgt war, als ausreichend für den Nachweis der Kenntnis

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2) § 156.

3) Das hatte bereits die bewaffnete Neutralität von 1800 verkündet.

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