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die vierte Verfassung følgende Veränderungen erhielt. Napoleon Bonaparte ist erster Consul auf Lebenszeit; auch der zweit und dritte Consul bekleiden ihre Stellen lebenslänglich. De erste Consul schlägt dem Senate den zweiten und dritten Consu vor; der Senat kann zweimal das vorgeschlagene Subjec zurückweisen, muß aber das dritte annehmen. Nach der

selben Form ernennt der erste Consul seinen Nachfolger doch kann er seine Wahl auch geheim halten, und wiede zurücknehmen. Die Civilliste des ersten Consuls wird au 6. Mill. Franken erhöht. Der Senat bestimmt durch orga nische Senatusconsulta alles, was die Constitution nicht vorhergesehen hat, erklärt die zweideutigen Artikel der selben, und ordnet die Verfassung der französischen Kolonieen Zu organischen Senatusconsultis gehdren zwei Drittheile de Stimmen von den anwesenden Senatoren; zu bloßen Sena tusconsultis, durch welche die Geschwornengerichte suspendirt Departemente außerhalb der Constitution erklärt, Urtheils sprüche aufgehoben, und die Sigungen des gesetzgebender Körpers und des Tribunats aufgelöset werden, ist aber blos die Stimmenmehrheit erforderlich. Zu allen Senatusconsulti hat die Regierung die Initiative. Der erste Consul schläg die Mitglieder des Senats aus den Departementslisten vor kann aber auch, außer diesen Listen, ausgezeichnete Bürger nach dem gesehmäßigen Alter von 40 Jahren, zu Senatore ernennen; doch soll die Zahl der Senatoren nicht über 12 feyn. Der Staatsrath, dessen Mitglieder nie über 50 seyn dürfen, theilt sich in Sectionen. Die Minister haber Sig und Stimme in demselben. Das Tribunat bestch vom Jahre 1805 an blos aus 50 Mitgliedern, die aller Jahre zur Hälfte erneuert werden. Von dem gefegge benden Körper wird jährlich ein Fünftheil erneuert; jede Departement hat, nach dem Verhältnisse seiner Bevölkerung eine Anzahl Mitglieder in demselben. Die Regierung beruft vertagt und prorogirt den geseßgebenden Körper nach Gut befinden. Die Gerichtsverfassung des Reichs erhält eine Oberrichter, als Minister der Justiz, welcher Mitglie des Senats und Staatsraths ist, im Cassationsgerichte un in den Appellationštribunalen, auf Veranlassung der Regil

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rung, den Vorsiß, und über die Gerichtshöfe und Friedensa richter die Oberaufsicht führt. Das Cassationsgericht hat die Aufsicht über die Appellations- und Criminalgerichte; die Appellationsgerichte führen sie über die Civilgerichte ihres Bes girts, und diese über die Friedensgerichte. Das bisherige System der Volkswahlen wird aufgehoben. Jedes Gebiet eines Friedensrichters hat eine Cantonsversammlung; jeder Bezirk eines Unterpråfecten ein Bezirks - Wahlcollegium, und jedes Departement ein Departements Wahlcollegium, welche der erste Consul zusammenberuft, die Zeit ihrer Dauer bestimmt und deren Präsidenten ernennt. - Durch Senatusą confultum vom 4. Jan. 1803 ward in jedem Bezirke eines Appellationsgerichts (damals 31) eine Senatorerie mit einem Hause und einem jährlichen Einkommen von 20-25,000 Franken in Nationaldomainen errichtet. Sie wurden, auf den Vorschlag des Senats, vom ersten Consul lebenslänglich ertheilt; doch sollte jeder Besizer drei Monate im Jahre in denselben sich aufhalten.

Kurz vor diesen wichtigen Ereignissen ward am 15. Mai 1802 die Ehrenlegion vom ersten Consul gestiftet, um in Angemessenheit zu dem 57sten Artikel der Constitution militairische Dienste und Bürgertugenden zu bes hnen. Diese Legion erhielt einen großen Verwaltungsrath, und sollte aus 15 Cohorten bestehen, wovon jede einen Haupta ert hätte. Für jede Cohorte wurden 200,000 Franken Renten von Nationalgútern ausgefeßt. Der große Verwaltungsrath ward aus 7 hohen Officieren gebildet, welche lebenslänglich diese Würde bekleiden sollten. Die drei Consuln, ein Senater, ein Gesetzgeber, ein Tribun und ein Staatsrath sollten Mitglieder desselben, und der erste Consul Chef der Legion und des Conseils seyn. Jede Cohorte sollte aus 7 Großoffia tieren, 20 Commandanten, 30 Officieren und 350 Legionairen bestehen. Die Einnahme der ersten war 5000, die der andern 2000, die der dritten 1000, und die der lehten 500 Franken. Jedes Individuum dieser Legion schwur, dem Dienste der Republik, der Erhaltung ihres ganzen Gebiets, der Vertheis bigung ihrer Regierung, ihrer Gefeße und ihres Eigenthums

sich zu weihen; auf alle Art, welche Gerechtigkeit, Vernunf und Geseze verstatten, jedem Unternehmen sich zu widersehen wodurch das Feudalrecht und die mit demselben verbundener Titel und Eigenschaften wieder eingeführt werden könnten: endlich sollten alle Mitglieder aus allen Kräften zur Erhal tung der Freiheit und Gleichheit beitragen. In jedem Haupt orte der Legion sollte ein Hospital, oder eine Wohnung für alte und nicht mehr dienstfähige Glieder derselben, eingerichter

werden.

Bei der damaligen allgemeinen Beruhigung Eurepens hatten im Sommer 1802 die franzdfischen Truppen auch die Schweiz verlassen. Kaum war dies aber geschehen, als in dem Freistaate, bei dem gegen einander anstrebenden Kampfo des alten und neuen politischen Systems, ein blutiger Bürgers krieg begann. Da wandten die Schweizer selbst sich an den ersten Consul, und baten um dessen Vermittelung. Er gewährte sie, und beruhigte die Schweiz, nachdem er eine Anzahl helvetischer Abgeordneter von beiden Partheien nach Paris berufen hatte, (19. Febr. 1803) durch die Mediations acte, wodurch die Schweiz in 19 Cantone getheilt und eine Ausgleichung der ehemaligen Verfassung mit den Grundsäßen einer repräsentativen Staatsform bewirkt ward. Daß Bonaparte von den schweizerischen Abgeordneten den Antrag der Einverleibung der Schweiz in Frank reich erwartet hatte, bewies seine Erklärung an die Abgeords neten bei der Ucbergabe der Vermittelungsurkunde an diesels ben: ,,Verlassen Sie dieselbe nicht; sonst bleibt mir nichts übrig, als die Schweiz mit Waffengewalt zu bezwingen,`oder mit Frankreich zu vereinigen." In der That bestand diese neue Staatsform über zehn Jahre, bis sie, nach den Folgen der Völkerschlacht bei Leipzig, von den Schweizern aufgehoben und ein neuer Partheienkampf begonnen ward.

Das Walliser Land war bereits am 30. Aug. 1802 von der Schweiz getrennt, zu einer eigenen Republik unter der Leitung eines Grand- Bailli gebildet, und diese neue Re publik unter den Schuß der französischen, italienischen und helvetischen Republik gestellt worden.

658.

Die Folgen des Friedens von Luneville für Teutschland. Reichsdeputations hauptschluß.

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Die wichtige Ausgleichung in Teutschland selbst, welche der Luneviller Friede *) nur in allgemeinen Umrissen anges deutet hatte, ward nicht übereilt, weil sich dabei die vers schiedenartigsten Intereffen durchkreuzten. Demungeachtet fühls ten mehrere europäische Hauptmächte, Frankreich, Destreich, Rußland und Preußen, welche wichtige Folgen diese Auss gleichung für das ganze europäische Staatensystem haben müßte, weil Teutschland, geographisch in der Mitte Europens gelegen, auch thatfachlich seit den drei lesten Jahrhunderten der Mittelpunct der europäis shen Politik gewesen war, und weil von dessen neuer Gestaltung zugleich die neuen Verhältnisse des in seiner Form veralteten teutschen Reiches, so wie die Fortbildung des zu einer höhern Entwickelung fortstrebenden teutschen Volkes, und die neue Ordnung seiner Stellung zum Auklande abhängen mußten. Denn eben Teutschland bot in dieser Seit die, nur aus feiner ganz eigenthümlichen Staatsverfassung zu erklärende, und bei feinem andern europäischen Reiche eingetretene Erfheinung dar, daß, während das teutsche Volk in allen Hauptbedingungen des innern Volkslebens- in Ackerbau, Gewerbsfleiß, Handel, Wissenschaft, Kunst und geistiger Fortbildung mächtig fortschritt, das teutsche Reich in feinen politischen Formen immer mehr veraltete, und seiner Auflösung entgegen ging. Mochte man auch die vielfachen Spuren dieses Veraltens sich noch verbergen wollen; so lagen fie doch bereits seit Preußens neuer Stellung gegen Oestreich im Jahre 1740 unverkennbar in der Geschichte vor. Zwei Hauptmachte in der Mitte des teutschen Staatensystems, ven welchen die eine die Rechte der Kaiserkrone geltend machte und die geistlichen Fürsten, so wie die meisten Fürs ften und Stände des südlichen Teutschlands an ihr Interene knüpfte, die andere aber die ganze Kraft eines

*) §. 654.

durch glückliche Eroberungen vergrößerten teutschen Churstaates in die politische Wagschale legte, und durch ihre geographische Lage, so wie durch ihren dem Protestantismus ertheilten Schuh, den Norden Teutschlands und die Mehrheit der protestantischen Fürsten, in ihr politisches System vers flocht, mußten wie dies seit dem Baseler Frieden im Jahre 1795 deutlich hervortrat — zur Trennung des nördlichen vom südlichen Teutschlande, und diese Trennung zuleht zur Auflösung der ganzen Reichsverfassung, so wie diese Auflösung wieder nothwendig zur Vernichtung des bis dahin bestandenen Systems des politischen Gleichgewichts in Europa selbst führen.

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Was im Reichsdeputationshauptschlusse in Hinsicht dieser Verhältnisse geschah, war nur der Vorläufer der wichtigern Ereignisse im Jahre 1806, wo mit der Stiftung des Rheinbundes die teutsche Staatsform und das System des polis tischen Gleichgewichts zugleich zusammenstürzten.

Frankreich, das bereits seit Heinrichs 2 Zeiten auf Kosten Teutschlands durch die drei lothringischen Bisthümer (1552), durch den Elsaß (1648), und (1737) durch das Herzogthum Lothringen sich vergrößert hatte, gewann im Luneviller Frie den, durch die Abtretung Belgiens und des linken Rhein ufers, von neuem 3,700,000 Teutsche, und rückte seine Grenz vor bis an den unbeschüßten Rhein. So nachtheilig für Teutschland diese Friedensbedingungen waren; so erfolgte dech, nach der Mittheilung derselben von dem Kaiser an den Reiche tag (21. Febr. 1801), ihre Bestätigung durch ein Reichsguts achten (7. März 1801). Der Kaiser hatte sich dabei auf das Beispiel vom Jahre 1714 bezogen, wo nur freilich unter andern Bedingungen der Friede zwischen Teutschland und Frankreich gleichfalls ohne Zuziehung der Reichsstände unter zeichnet worden war.

Mißtrauen herrschte unter vielen teutschen Ständen ge gen Preußen und Destreich wegen der geheimen Artikel der Friedensschlüsse von Basel und Campo Formio; mehrere teutsche Höfe, bei dem Entschädigungsgeschäfte interesfirt,

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