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Literatur: Eine befriedigende Biographie P. des Großen fehlt noch. Das beste Material dazu liefern die verschiedenen ausländischen Gesandtschaftsberichte. Ein sehr lesbares und in den meisten Stücken zuverlässiges Buch ist H. A. von Halems Leben P. d. Gr. (3 Bde. Leipzig 1803). Die Schriften von Voltaire, Schlözer, Schmidt-Phiseldeck und Weber (das veränderte Rußland, Frankfurt 1721) find als bekannt vorauszuseßen. Wichtiges Material liefern die Schriften der Officiere, welche unter P. gedient haben, wie Perry (Etat présent de la GrandeRussie (à la Haye 1717), und Gordon (The history of Peter the Great, Emperor of Russia (Aberdeen 1755). Die vielen russischen Schriften können hier füglich unerwähnt bleiben, mit Ausnahme des interessanten, ins Deutsche überset= ten Tagebuch Peters des Großen, vom 3. 1698 bis zum Schlusse des Neustädter Friedens. Berlin bei Decker, 1773." F. Bodenstedt.

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Petitionsrecht.

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Das Petitionsrecht, zu den allgemeinen Unterthanenrechten zählend, bezeichnet die Befugniß der Staatsgenossen, sich mit Bitten und Wünschen an die Staatsregierung und ihre Organe, die Staatsbehörden, zu wenden, und diese um deren Erfüllung anzugehen. Es erscheint nur als eine selbstverständliche Folge des konftitutionellen Systems, daß die repräsentativen Körperschaften der Landtag, die Brovinzialstände, die Bezirks- und Gemeindevertretung dieses Recht Namens der von ihnen repräsentirten Staatsbürger üben, sowie es andrerseits die rechtliche Stellung dieser Korporationen mit sich bringt, daß es den einzelnen Staatsangehörigen frei stehen muß, Bitten und Anträge an ihre Repräsentanten zu richten, um diese entweder zu Schritten und Handlungen zu veranlassen, welche die Betenten im Intereffe des allgemeines Wohles für nothwendig oder nüßlich erachten, oder sie von solchen abzuhalten, welche man für nachtheilig hält.

Die Petition ist ein Mittel, um Uebelstände zu beseitigen, unter denen entweder der Bittsteller persönlich oder ein größerer oder geringerer Theil seiner Mitbürger oder das gemeine Wesen im Ganzen leidet, ohne daß er übrigens einen rechtlichen Anspruch auf die begehrte Aenderung hätte. Dadurch unterscheidet sich die Petition von der Beschwerde (f. oben Bd. II. S. 89), welche wir als ein Mittel zum Schuße der Unterthanen gegen rechtswidrige Handlungen oder Unterlassungen der Staatsbehörden kennen gelernt haben. Immer aber muß auch die Petition wie die Beschwerde ein bestimmtes Gesuch enthalten, und sie unterscheidet sich hauptsächlich hiedurch von der Adresse, welche zunächst nur einer gewissen politischen Meinung und Ueberzeugung Ausdruck geben will, womit indessen nicht ausgeschlossen ist, daß man ähnliche Zwecke zu erreichen beabsichtigen könne, wie mit der Betition (f. den Artikel Adreffe" oben Bd. I. S. 66).

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Wir betrachten es als die Aufgabe des Staatswörterbuchs, die allgemeinen Grundsäße über die Ausübung des Petitionsrechtes in gedrängter Kürze darzu. ftellen, — jene Grundfäße, welche in allen Staaten auf Geltung Anspruch haben, in welchen nicht durch die Verfassung oder durch sonst eine positive Norm etwas davon Abweichendes festgesezt ift. Was nun

1. die Subjekte angeht, die petitioniren können, so muß es als Regel gelten, daß Jeder petitioniren kann, welcher fähig ist seinen Willen zu erklären, und ohne daß es, diese Fähigkeit vorausgeseßt, auf Alter, Geschlecht, Stand u. f. w. anfäme. Ob nur Inländer oder ob auch Ausländer zu petitioniren befugt seien, ist wohl im Zweifel dahin zu beantworten, daß der Ausländer die öffentlichen

Angelegenheiten des fremden Staates nicht zum Gegenstande einer an die fremde Regierung gestellten Bitte machen könne, während es ihm nicht verwehrt werden kann, in seinen Privatangelegenheiten Bitten an eine auswärtige Regierung zu richten. Ob Jemand allein oder in Verbindung mit mehr oder minder vielen Andern, welche mit ihm gleiches Interesse haben, petitioniren wolle, ist im Allge= meinen Sache der freien Selbstbestimmung. Im letteren Falle wird jedoch mit Grund gefordert, daß die Bittsteller einzeln genannt und bekannt seien, daß also die Petition von allen Einzelnen unterzeichnet werde; sogenannte Kollektivpetitionen, eber Petitionen unter einem Gesammtnamen werden mit Rücksicht auf den leicht möglichen Mißrauch, der damit getrieben werden kann, nicht als zulässig erachtet 1). Anders verhält es sich bei Privat- oder öffentlichen Korporationen, z. B. bei Gemeinden, Universitäten u. s. w., an deren Statt natürlich ihre gesetzlichen Bertreter, die Gemeindebehörden, die akademischen Senate u. s. w., das Petitionsrecht auszuüben berechtigt sind. Die Gründe, welche man gegen das Petitionsrecht der Behörden von Korporationen geltend gemacht hat, find theils völlig nichtig, theils beweisen sie zu viel, indem man mit denselben Gründen alles und jedes Petitionsrecht bestreiten kann. Wenn man den Gemeindebehörden die Vertheidigung und Verfolgung der Rechte der Gemeinde zur Pflicht macht, und ihnen in Folge deffen das Klage- und Beschwerberecht einräumt, so ist es wohl nur eine Forterung der Konsequenz, daß man ihnen zur Wahrung der Interessen ihrer Korporationen auch das Petitionsrecht nicht absprechen kann. 2) Beschränkungen des Petitionsrechtes können durch Rücksichten der Disciplin geboten und insofern gerechtfertigt erscheinen. So bedarf wohl der Saz kaum einer weitläufigen Begründung, daß es nicht räthlich wäre, den Angehörigen des stehenden Heeres ein Petitionsrecht in politischen Fragen einzuräumen. Dagegen kann dem Beamten das Petitionsrecht im Allgemeinen nicht entzogen sein, obwohl es in der Natur der Sache liegt, daß das Dienstesverhältniß auf die Art und den Umfang der Ausübung nicht ohne Einfluß bleiben könne.

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2. Eine Petition fann an jede öffentliche Behörde, also insbesondere an Gemeinde- und Staatsbehörden, sowie an die ständischen Körperschaften gerichtet werden. Die wichtigsten Petitionen sind aber der Natur der Sache nach jene Petitionen, welche, sei es von Einzelnen oder Korporationen, sei es von ständischen Körperschaften, unmittelbar an den Souverän gehen, sowie jene, welche von Einzelnen oder Korporationen an die Stände gebracht werden, und die daher vorzugsweise unter dem Ausdruck Petitionen" verstanden werden. Bei welcher Stelle die einzelne bestimmte Petition vorzubringen sei, das hängt von dem Inhalt und Zweck derselben ab. Wer eine allgemeine, das ganze Land berührende Wirkung erzielen will, der kann sich mit der desfallsigen Bitte nur an die Centralregierung oder je nach Umständen an die Kammern wenden. Der letztere Weg ist übrigens nur dann eröffnet, wenn der Gegenstand der Bitte zum ständischen Wirkungskreise gehört, und die Bitte kann in solchem Falle nur dahin gehen, daß die Kammern entweder die Petition zu der ihrigen machen und daß sie die

1) Wenn z. B. der Vorfizende einer öffentlichen Versammlung eine von dieser beschlossene Petition im Namen der Versammelten unterschreibt, so kann sie nur als von Einem Menschen herrührend betrachtet werden, sofern man annehmen kann, er habe zugleich in seinem Namen unterschreiben wollen; vergl. May das englische Parlament, überseßt von Oppenheim. S 485.

2) Die Gründe, welche man namentlich in Würtemberg gegen das Petitionsrecht der Gemeindebehörden ins Feld geführt hat, sind volständig gewürdigt und widerlegt bei Mohl, Staatsrecht, Völkerrecht und Politik (1860). Bd. I. S. 262 ff.

Regierung um die Verwirklichung dessen angehen mögen, was der Gesuchsteller will, oder daß dieselben bestimmten Anträgen der Regierung oder einzelner ihrer Mitglieder die Zustimmung versagen, also die Ausführung verhindern mögen. Denn die Kammern sind nicht berechtigt, unmittelbar ins Staatsleben eingreifende Beschlüsse zu fassen und sie in Ausführung zu bringen; dies steht nur der Regierung als vollziehender Gewalt zu.

3. Gegenstand der Petition kann Alles sein, was rechtlich und physisch erfüllbar ist. Was irgend für die Person des Bittstellers oder für die Gemeinschaft Nußen und Vortheil zu bringen oder Scharen und Nachtheil abzuwenden vermag, um das kann auch petitionirt werden. Es steht daher dem einzelnen Staatsangehörigen nicht blos das Recht zu, um Gewährung von Rechten und Bortheilen für seine Person, sondern auch um Berücksichtigung allgemeiner politischer Interessen zu petitioniren. Wer ihm die lettere Befugniß absprechen wollte, der würde mit dem Begriffe des Staatsbürgerrechtes und seinen nothwendigen Folgen in Widerspruch gerathen; dasselbe soll dem Unterthanen einen rechtlichen Einfluß auf die öffentlichen Angelegenheiten gewähren und dazu dient vor Allem die mildeste Form dieser Einflußnahme das Petitionsrecht. Daß auch die Korporationen bei der Ausübung desselben nicht auf jene Angelegenheiten beschränkt seien, welche unmittelbar die einzelne Korporation betreffen, sondern daß fie gleichfalls auch die allgemeinen politischen Verhältnisse zum Gegenstande ihrer Petitionen machen können, ist ernstlich kaum in Zweifel zu ziehen, mag man die Sache vom rechtlichen oder vom Nüßlichkeits-Standpunkte aus betrachten. - Die Frage, ob man auch in Privatangelegenheiten dritter Personen ohne ihren Auftrag petitioniren könne, ist doch wohl zu verneinen; der Gebetene hat die Pflicht, eine solche Petition als eine unbefugte Einmischung in fremde Verhältnisse zurückzuweisen. 3) Mit Rücksicht auf den an die Spiße gestellten Grundsaß können Justizfachen nur in sehr beschränktem Maße Gegenstand von Petitionen sein. Da die Gerichte innerhalb ihres Wirkungskreises unabhängig sind, und ihre Erkenntnisse durch irgend eine fremde Autorität weder aufgehoben noch abgeändert werden können, so ist dagegen jede diesen Zweck verfolgende Petition unzulässig. Nur insoweit als dem Souverän das Recht der Begnadigung oder Rehabilitation zusteht, sind auch Bitten an ihn zulässig.

4. Für die Ausübung des Petitionsrechtes eine bestimmte Form oder gewisse Fristen vorzuschreiben, ließe sich aus innern Gründen wohl nicht rechtfertigen. Die Petition kann daher im Allgemeinen entweder schriftlich oder mündlich, und das betreffende Schriftftück kann von dem Bittsteller persönlich oder durch einen Dritten an die Adresse gebracht werden.

Es beruht auf besonderen praktischen Erwägungen, wenn für die Petitionen an die Stände die schriftliche Form geboten und wenn zugleich verordnet ist, daß tie persönliche Ueberreichung unstatthaft ist. Auch bezüglich der von mehreren Perfonen ausgegangenen Petitionen an die Staatsregierung ist wohl verfügt, daß ste nur durch eine Deputation der Petitionäre (z. B. aus 10 Mitgliedern bestehend) übergeben werden dürfe, um den Charakter der Bitte zu wahren und nicht Anlaß zur Einschüchterung oder Gewaltanwendung zu geben. Auch darauf kann an

8) Wir vermögen uns der Ansicht Mohls (a. a. D. S. 230), daß ein solches Petitioniren vorlaut, ja lächerlich, aber an sich nicht unrecht sei, nicht anzuschließen; dasselbe ist nicht unerlaubt und strafbar, aber nicht alles, was unstrafbar ist, ist darum auch zulässig und rechtlich wirksam.

sich nichts ankommen, ob die Bitte schon früher angebracht und abgewiesen war, oder ob sie zum ersten Male gestellt wird. Ob freilich der Bittsteller bei einer Wiederholung der eben abgelehnten Bitte jezt Aussicht auf einen bessern Erfolg habe, ist seiner Erwägung anheim gegeben. So lange die thatsächlichen Verhält nisse die gleichen sind, kann wohl von einer solchen Aussicht keine Rede sein. Um die Behörden vor völlig fruchtlosen Bitten der Art zu bewahren und ihnen Zeit für nüßlichere Thätigkeit zu lassen, haben positive Geseze wohl eine Zeit bestimmt, nach deren Ablauf erst eine abgewiesene Bitte erneuert werden dürfe. 4)

An diese allgemeinen Bemerkungen mögen sich die positiven Sagungen, die sich in den Verfassungsgeseßen der konstitutionellen Staaten über das Petitionsrecht etwa finden, in gedrängter Uebersicht anreihen. Zunächst mögen jene Staaten erwähnt werden, deren Verfassungen es nicht für nöthig erachtet haben, das Petitionsrecht der Staatsbürger ausdrücklich anzuerkennen und zu gewährleisten, sondern welche, das Recht als selbstverständlich vorausseßend, höchstens Vorschriften über die Art seiner Ausübung erlassen haben. Dazu gehört vor Allem England, wo das Recht der Unterthanen, Petitionen an die Krone und an's Parlament einzureichen, von jeher als ein Postulat der natürlichen Gerechtigkeit betrachtet und daher auch seit Jahrhunderten praktisch geübt worden ist. Nur über die Form der Einreichung und Behandlung der an's Parlament gerichteten Petitionen bestehen positive Bestimmungen. Solche sind z. B. daß die Petition auf Pergament oder Papier geschrieben sein müsse, daß sich mindestens Eine Unterschrift auf dem Blatt selbst befinden müsse, auf welchem die Petition steht; daß jede Petition regelmäßig von einem Mitgliede des Hauses zu überreichen sei, an das sie gerichtet ist, und daß dieses verpflichtet ist, regelwidrige Petitionen zurückzuweisen u. w. 5) Zu derselben Kategorie zählen auch mehrere deutsche Staaten. Die Verfassungsurkunden von Bayern, Würtemberg, K. Sachsen, Baden, Nassau, und von mehreren kleinen Ländern erwähnen des Petitionsrechtes nicht, und es hat (1831-46) nicht an Stimmen gefehlt, welche von dem Grundsaße ausgehend, daß die Unterthanenrechte auf einer Verleihung des Landesherrn beruhen, und daß daher nur jene zu Recht bestehen, für welche eine solche Verleihung nachgewiesen werden kann, den Unterthanen dieser Staaten das Petitionsrecht absprechen zu müssen glaubten. Man hat dabei übersehen, daß alle diese Verfassungen das Princip der persönlichen Freiheit der Unterthanen anerkennen und zur Grundlage haben, in Folge dessen alles als erlaubt gelten muß, was nicht ausdrücklich verboten ist. Auch war die Praxis in diesen Staaten immer der richtigen Ansicht zugethan. 6)

Unter denjenigen Staaten, deren Verfassungen das Petitionsrecht förmlich gewährleistet haben, steht die nordamerikanische oben an. Sie entzieht nämlich dem Kongreß die Macht, daß er das Recht des Volkes, Petitionen an die

4) So verordnet z. B. das bayerische Gesez die Aufhebung der Straffolgen betreffend vom 10. Juli 1861, daß ein vom König abgewiesenes Rehabilitationsgesuch erst nach Ablauf von 3 Jahren erneuert werden dürfe.

5) Vgl. darüber May, Law and privileges of Parliament, in der Ueberseßung von Oppenheim. S. 431 ff.

6) Diese Praxis stand zum Theil mit dem Buchstaben des positiven Rechtes in direktem Widerspruche. Während die Geschäftsordnung der 11. bayerischen Kammer von 1831 alle Eingaben von Einzelnen und Gemeinden, welche nicht eine Beschwerde wegen Verlegung konstitutioneller Rechte enthalten, ale unzulässig bezeichnet, laufen bei demselben Landtage Dußende von Eingaben ein, welche nun und nimmer als Beschwerden in dem obigen Sinne charakterifirt wer= den konnten und die Kammer verhandelte darüber! So sehr widersprach die Geschäftsordnung der Natur der Sache!

Regierung zu richten und sie um Abhülfe von Beschwerden anzugehen, je einer Beschränkung unterwerfe. Nur über die Art der Ausübung bestehen auch dort posttive Verordnungen, im Wesentlichen gleichen Inhaltes wie in England. Auch die schweizerische Bundesverfassung von 1848 hat dasselbe in Art. 47 ausbrücklich gewährleistet.

Daran reiht sich die belgische Verfassung vom 25. Februar 1831, deren Art. 21 lautet: Jeder hat das Recht, an die öffentlichen Behörden Bittschriften mit der Unterschrift von einer oder mehreren Personen einzureichen. Die eingesetzten Behörden haben allein das Recht, im gemeinschaftlichen Namen Petitionen zu übergeben", womit noch der Art. 43 in Verbindung steht, dem zufolge es verboten ift, den Kammern in Person Bittschriften zu überreichen. Jede Kammer soll darnach das Recht haben, die an sie gerichteten Bittschriften an die Minister zu überweisen und diese sind verbunden, Auskunft über deren Inhalt zu ertheilen, wenn es die Kammer verlangt. -In Frankreich haben seit 1789 mit den Verfaffungen auch die Grundsäße über das Petitionsrecht gewechselt. Bald wurde dasselbe in maßloser Ausdehnung gestattet, bald wieder bis auf ein Minimum reducirt. Wir müssen dabei von einer erschöpfenden. Aufzählung der einschlägigen Bestim= mungen Umgang nehmen, da dieselbe ohne Vortheil wäre, und können uns auf die beiden jüngsten Verfassungen von 1848 und 1852 beschränken, die für sich schon unsere Behauptung bestätigen, daß man auch in dieser Frage sich dort in Extremen bewege. In der Verfassung von 1848 ist unter den allgemeinen Unterthanenrechten aufgeführt: das Recht, Bittschriften einzureichen, und dabei wird hinzugefügt, daß die Ausübung dieser Befugniß keine Grenzen habe, als die Rechte oder die Freiheit Dritter und die öffentliche Sicherheit. - Die jest geltende Verfaffung von 1852 bestimmt in ihrem Art. 45: Das Petitionsrecht wird beim Senat ausgeübt; an den gesetzgebenden Körper können keine Petitionen gerichtet werden." Scheinbar ist hier das Petitionsrecht vollkommen gewahrt; allein es ist dafür gesorgt, daß es in der Ausübung so wirkungslos als möglich werde. Es fann nämlich nur bei einer Behörde petitionirt werden, von welcher am wenigsten ein der Regierung unangenehmes Vorgehen zu besorgen ist, und es ist direkte verboten, sich an jene Körperschaft zu wenden, der eine Kenntniß der Wünsche und Anliegen der Bürger vorzugsweise nöthig wäre und die solchen Wünschen, wenn fie als berechtigt erkannt werden, auch eine reelle Erfüllung schaffen könnte. 7)

In Deutschland ist die Verfassung von Sachsen - Weimar (von 1816) die älteste, welche das Petitionsrecht ausdrücklich anerkennt; der §. 110 derselben (revid. Verf. v. 1850 §. 46) verfügt nämlich: „Wenn irgend ein Staatsbürger, welcher zwar durch den Landtag mitvertreten wird, aber nicht selbst Volksvertreter ift, ein Gebrechen, dessen Abstellung das allgemeine Wohl zu erfordern scheint, bemerkt, oder einen nach seiner Ansicht zum Besten des Landes gereichenden Vorschlag aufgefaßt hat, so bleibt es ihm unbenommen, davon den Landtag oder den Borstand in Kenntniß zu seßen." In größerer Allgemeinheit wird das Petitionsrecht anerkannt in der kurhessischen Verfassungsurkunde von 1831 (§. 35) 8), dann in dem Grundgesetze für Hannover von 1833 (§. 39), aus welchem der §. 42 des Landesverfassungsgesetes von 1840 entstanden ist, in der braunschweigischen Landschaftsordnung von 1832 (§. 38) und endlich abgesehen von einigen kleinen

7) Zur Kritik dieser Bestimmung vgl, R. v. Mohl a. a. D. S. 257 ff.

8) Die oftropirten Verfassungen von 1852 und 1860 stimmen in diesem Punkte mit der von 1831 überein.

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