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Die Quellen, aus denen wir geschöpft, sind die Urkunden des Metzer Bezirksarchivs, auf die uns der Direktor desselben, Herr Geheimrat Dr. Wolfram, heute Direktor der Universitäts- und Landesbibliothek in Straßburg, aufmerksam zu machen die Liebenswürdigkeit hatte.

Einen ähnlichen Stoff behandelte bereits Rabbiner Maurice Aron aus Lunéville in seiner kurzen Abhandlung, betitelt liquidation des dettes de l'ancienne communauté juive de Metz« (Versailles, imprimerie Cerf 1883), die aber nur die Zeit von 1789-1802 umfaßt und sich auf sechs in dem Privatbesitze des Verfassers befindlichen Manuskripte stützt.

Zum besseren Verständnis glaubte ich im Zusammenhange damit, eine Geschichte des Ursprungs dieser Schulden geben zu sollen, wobei die in den Jahrbüchern für lothr. Altertumskunde, Band III, Nancy 1875 veröffentlichte Abhandlung von Abraham Cahen, über »le budget de la communauté isr. de Metz in ausgiebiger Weise von mir benützt worden ist.

Eine geschichtliche Übersicht über die vielhundertjährige Vergangenheit der jüdischen Gemeinde schien mir als Einleitung am Platze zu sein; ich zog hierfür die bekannten Werke zu Rate: le rabbinat de Metz von Abraham Cahen, sowie das zuletzt auf diesem Gebiete erschienene Werk von Roger Clément la condition des Juifs de Metz sous l'ancien régime«, ferner Halphen »législation concernant les Israélites«.

Möge es auch mir gelungen sein, eine weitere Anregung gegeben zu haben zu der Erforschung der Geschichte unserer großen Metzer Vergangenheit.

Metz, den 1. Juli 1913.

Nicht viele Gemeinden der abendländischen Juden

heit waren berufen, auf die Entwicklung des Gesamtjudentums in so fruchtbarer Weise einzuwirken, wie es Metz, jener ehemaligen Metropole unserer alten jüdischen Vergangenheit, vergönnt gewesen ist.

Der Ursprung der Gemeinde ist in Dunkel gehüllt. Jedenfalls waren bereits zum Beginne des 9. Jahrhunderts Juden in so großer Zahl in Metz vorhanden, daß auf dem im Jahre 888') in der Abtei St. Arnould abgehaltenen Metzer Konzil schon ernste Angriffe seitens der Geistlichkeit gegen sie geführt wurden. Ja, es stellten die Benediktinermönche, die Hauptgeschichtschreiber der Stadt Metz aus jener Zeit, die Vermutung auf, daß schon um das Jahr 6251) Juden dort ansäßig waren. Sie glaubten dies daraus

1) Labbé Concil. tom. IX, 412. Concilium Metense in regno Lotharii a Belgicae Primae episcopis sub Arnulpho rege celebratum kalendis Maii anno Christi, ut conjectura est DCCCXXCVIII. VII. Titulus Canonum: Ut nemo cum Judaeis edat aut bibat<.

*) Vgl. Geschichte der Benedictiner, Band III, S. 373: Concile tenu à Rheims 625 (on y fit 25 canons). »Le treizième défend sous peine d'excommunication de vendre des esclaves chrétiens aux payens et aux Juifs et d'admettre les derniers aux charges publiques: réglement que nous eroyons avoir regardé plus particulièrement que toute autre la ville de Metz, parce que l'établissement des Juifs y est si ancien qu'on ne peut en découvrir l'origine. Ils y étaient en si grand nombre dès le neuvième siècle qu'un Princier de la cathédrale forma contr'eux des plaintes dans un concile tenu en 888 dans l'abbaye de

Die Quellen, aus denen wir geschöpft, sind die Urkunden des Metzer Bezirksarchivs, auf die uns der Direktor desselben, Herr Geheimrat Dr. Wolfram, heute Direktor der Universitäts- und Landesbibliothek in Straßburg, aufmerksam zu machen die Liebenswürdigkeit hatte.

Einen ähnlichen Stoff behandelte bereits Rabbiner Maurice Aron aus Lunéville in seiner kurzen Abhandlung, betitelt liquidation des dettes de l'ancienne communauté juive de Metz« (Versailles, imprimerie Cerf 1883), die aber nur die Zeit von 1789-1802 umfaßt und sich auf sechs in dem Privatbesitze des Verfassers befindlichen Manuskripte stützt.

Zum besseren Verständnis glaubte ich im Zusammenhange damit, eine Geschichte des Ursprungs dieser Schulden geben zu sollen, wobei die in den Jahrbüchern für lothr. Altertumskunde, Band III, Nancy 1875 veröffentlichte Abhandlung von Abraham Cahen, über »le budget de la communauté isr. de Metz in ausgiebiger Weise von mir benützt worden ist.

Eine geschichtliche Übersicht über die vielhundertjährige Vergangenheit der jüdischen Gemeinde schien mir als Einleitung am Platze zu sein; ich zog hierfür die bekannten Werke zu Rate: le rabbinat de Metz von Abraham Cahen, sowie das zuletzt auf diesem Gebiete erschienene Werk von Roger Clément la condition des Juifs de Metz sous l'ancien régime«, ferner Halphen »législation concernant les Israélites«.

Möge es auch mir gelungen sein, eine weitere Anregung gegeben zu haben zu der Erforschung der Geschichte unserer großen Metzer Vergangenheit.

Metz, den 1. Juli 1913.

Nicht viele Gemeinden der abendländischen Juden

heit waren berufen, auf die Entwicklung des Gesamtjudentums in so fruchtbarer Weise einzuwirken, wie es Metz, jener ehemaligen Metropole unserer alten jüdischen Vergangenheit, vergönnt gewesen ist.

Der Ursprung der Gemeinde ist in Dunkel gehüllt. Jedenfalls waren bereits zum Beginne des 9. Jahrhunderts Juden in so großer Zahl in Metz vorhanden, daß auf dem im Jahre 888') in der Abtei St. Arnould abgehaltenen Metzer Konzil schon ernste Angriffe seitens der Geistlichkeit gegen sie geführt wurden. Ja, es stellten die Benediktinermönche, die Hauptgeschichtschreiber der Stadt Metz aus jener Zeit, die Vermutung auf, daß schon um das Jahr 625) Juden dort ansäßig waren. Sie glaubten dies daraus

1) Labbé Concil. tom. IX, 412. Concilium Metense in regno Lotharii a Belgicae Primae episcopis sub Arnulpho rege celebratum kalendis Maii anno Christi, ut conjectura est DCCCXXCVIII. VII. Titulus Canonum: Ut nemo cum Judaeis edat aut bibat<.

*) Vgl. Geschichte der Benedictiner, Band III, S. 373: Concile tenu à Rheims 625 (on y fit 25 canons). Le treizième défend sous peine d'excommunication de vendre des esclaves chrétiens aux payens et aux Juifs et d'admettre les derniers aux charges publiques: réglement que nous eroyons avoir regardé plus particulièrement que toute autre la ville de Metz, parce que l'établissement des Juifs y est si ancien qu'on ne peut en découvrir l'origine. Ils y étaient en si grand nombre dès le neuvième siècle qu'un Princier de la cathédrale forma contr'eux des plaintes dans un concile tenu en 888 dans l'abbaye de

1306 am 22. Juli (9. Ab) durch ein Dekret des Königs Philipp des Schönen die Juden aus ganz Frankreich ausgewiesen wurden, der Einfluß der französischen Partei in der freien deutschen Reichsstadt Metz sich so mächtig erwies, daß dieses Schicksal auch die Metzer Juden traf. Von diesem Jahre an hat eigentlich die Metzer jüdische Gemeinde zu bestehen aufgehört.

Allerdings scheinen nicht sämtliche Juden aus der Stadt verbannt worden zu sein, es sei denn, daß mehrere von ihnen einige Jahre nachher es gewagt hätten, wieder zurückzukehren, was noch viel wahrscheinlicher ist. Denn es berichtet Dom Calmet, daß im Jahre 1322 auch in Metz mit den Aussätzigen, die beschuldigt wurden, die Brunnen vergiftet zu haben, viele Juden den Flammentod erleiden mußten, weil ihnen zur Last gelegt wurde, mit jenen gemeinschaftliche Sache gemacht zu haben. Ferner lesen wir bei Benoist Picard1), daß am 17. Juli 1365 in der Judenstraße (Juif rue), wo bis jetzt die Juden ansäßig gewesen waren, der Blitz eingeschlagen habe und 22 Häuser in Flammen aufgegangen seien. Hierin wollten die Metzer Bürger eine Strafe Gottes erblicken und nahmen hieraus Veranlassung, alle Juden aus Metz zu vertreiben. Später aber riefen sie sie wieder zurück2). Doch bald darauf erfolgte von neuem ihre Verbannung aus der Stadt, und zwar diesmal für lange Zeit. Denn es steht fest, daß bei dem Einzuge Heinrich II. im Jahre 1552 in Metz keine Juden dort ansäßig waren. Andererseits ist aber von ihnen in den Privilegien die Rede, die Kaiser Sigismund im Jahre 1423 den Metzer

1) Histoire ecclés. et civile de la ville et du diocèse de Metz. Bibl. Metz ms. 126, p. 773.

') Vgl. Gabriel »observations sur les Juifs de Metz jusqu'a 1760‹ : le 17 juillet 1365 le tonnerre tomba sur la rue des Juifs et y avait mis le feu, vingt-deux maisons furent brulées, cet évènement naturel parut aux bourgeois de Metz une preuve de la colère celeste et une vengeance divine. Les juifs furent chassés, mais leur exil ne dura pas et peu après on les rappela.

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